Laetitia Quist:
Hoch hinaus
Laetitia Quist beweist schon als junge Frau den richtigen Überblick im Spiel und einen klaren Durchblick fürs Leben. Die Rückraumspielerin von HSG Blomberg-Lippe gehört seit diesem Jahr zur jungen Sport-Elite des Landes, die als Vorbilder und Botschafter ihrer Sportarten von der Spitzensportförderung der Bundeswehr profitieren. Ein Gespräch über Frauen-WGs, Bundeswehruniform und Handball.
Dein Vorname bedeutet Freude und Fröhlichkeit – bist du jemand „die immer lacht“?
Ich würde nicht sagen, dass ich noch nie schlechte Laune hatte, aber die meiste Zeit bin ich eigentlich ganz gut drauf.
Was wolltest du als Kind werden?
Krankenschwester! Ich fand das immer sehr cool und das war ganz klar mein Berufswunsch.
Und wie wurdest du dann zur Handballerin?
Als Jugendliche habe ich mit dem Sport einfach zum Spaß angefangen. Und dann kam ich irgendwann in die Landesauswahl, wurde Schritt für Schritt besser und spürte, dass ich sogar die Chance habe höherklassig zu spielen. Nach einer DHB-Sichtung habe ich dann für mich entschieden diesen Weg zu gehen.
Wie präsent war Handball in deiner Geburtsstadt Baden-Baden?
An diesem Sport kommt man nicht vorbei, wenn man hier lebt. Steinbach gehört zu den besten Adressen im Bereich des Mädchenhandballs. Und auch sonst denke ich, dass hier in jedem Dorf viel Handball gespielt wird.
Hast du als Kind in deiner Freizeit noch etwas Anderes als Handball ausprobiert?
Ich habe getanzt, war bei der Leichtathletik und habe gesungen. Allerdings fand ich den Mannschaftssport immer spannender als Einzeldisziplinen. Als mein Gitarren- und Gesangunterricht auf den gleichen Tag wie das Handballtraining gelegt wurde, war meine Entscheidung klar. Handball hat einfach zu viel Spaß gemacht.
„Und dann kam ich irgendwann in die Landesauswahl, wurde Schritt für Schritt besser und spürte, dass ich sogar die Chance habe höherklassig zu spielen.“
Du bist inzwischen Sportsoldatin und damit Teil der Spitzensportförderung der Bundeswehr, die nur den Besten der Besten diese Chance bietet. Wie kam es dazu?
Einige Freunde aus der Sportfördergruppe haben mir über das Leben als Sportsoldatin und über ihre Erfahrungen in der Bundeswehr erzählt. Als der DHB uns Athleten diese Möglichkeit vorstellte, war mir klar, das ist mein Weg.
Muss man eine spezielle Ausbildung durchlaufen, wenn man zu diesem Elitekader gehören will?
Es gibt eine Grundausbildung für Spitzensportler, die ich im Januar absolviert habe. Für die drauffolgenden zwei Jahre konzentriert man sich dann hauptsächlich auf seinen Sport und beginnt später eine Ausbildung oder ein Studium. In diesem Jahr waren wir nur zwei Handballerinnen, die anderen Neulinge waren Basketballer, Fechter oder Inlineskater. Nach der Grundausbildung werden die Teilnehmer des Förderprogramms ihrem Standort, für Handball ist das Warendorf, zugeteilt. Hier treffen wir uns alle sechs bis acht Wochen zu einem Lehrgang und trainieren auch individuell.
Besitzt du auch eine Uniform?
Natürlich! Für die Grundausbildung sind wir komplett eingekleidet worden. Während dieser Zeit lernen wir auch die Soldatenverordnung, pauken die Dienstgrade, absolvieren Parcours und eine Schießausbildung.
Es steckt also auch viel „Soldatin“ in der Aufgabe.
Es ist auf jeden Fall eine sehr coole Erfahrung, die anfangs nur durch die verschärften Regeln zur Pandemie etwas getrübt wurde, denn wir durften nicht alles gemeinschaftlich machen.
Ist der Stolz, im DHB-Trikot zu spielen, vergleichbar mit dem Gefühl die Uniform zu tragen? Du bist ja in beiden Fällen eigentlich für dein Land unterwegs.
Es ist ein ähnliches Gefühl, aber nicht dasselbe. Hinter jeder Uniform steckt natürlich auch der Gedanke, dass man sein Land würdig vertreten will. Das ist auch der Grund, dass wir uns strickt an ein ganzes Regelwerk halten.
„Hinter jeder Uniform steckt natürlich auch der Gedanke, dass man sein Land würdig vertreten will.“
Wohnst du in Blomberg zum ersten Mal alleine?
Ja, hier habe ich meine eigene Wohnung. Als ich in Metzingen gespielt habe, wohnte ich in einer großen Wohngemeinschaft mit bis zu sieben Frauen.
Wie lange war die Schlange vor dem Badezimmer?
Es ging eigentlich! (lacht) In dem Haus damals gab es zwei Bäder und da wir alle Handballerinnen waren, haben wir oft auch einfach in der Halle geduscht.
Wie fühlst du dich so weit weg von zu Hause?
Ich kannte einige Mädels aus dem Team, so kam mir meine neue Umgebung nicht komplett neu vor. Und wenn ich ein paar Tage Zeit habe, fahre ich immer gerne nach Hause. In Ostwestfalen ist vielleicht ein bisschen weniger los, als da wo ich herkomme, aber ich fühle mich hier wirklich wohl und das ist das Wichtigste.
Hast du ein sportliches Vorbild?
Mehrere sogar! Ana Gros, Nora Mork aber auch Luc Abalo gehören dazu.
Und wie lautet dein ganz persönliches Saisonziel?
Neben den sportlichen Vorgaben meiner Mannschaft möchte ich mich persönlich und spielerisch weiterentwickeln, vor allem konstanter werden. Mit mehr Spielanteilen werde ich das hinbekommen.
Erkennt man euch in Blomberg?
Auf jeden Fall, vor allem, wenn wir mit unseren beklebten Autos unterwegs sind, gibt es oft nette Sprüche oder ein freundliches Hallo.
Eine Frau mit 1,85 Meter ist auch nicht zu übersehen.
Das stimmt. Ich habe die Größe meines Vaters geerbt, meine Mama und meine Schwester sind relativ klein. Aber ich denke, längere Arme und Beine sind für den Handball, vor allem für mich als Rückraumspielerin, ein klarer Vorteil und eigentlich ist es privat mit der Größe auch ganz schön, immer den Überblick zu behalten.
In Deutschland haben bei den Zuschauern die Männer die Nase vorn, in Frankreich, Norwegen oder Holland, sind die Frauen teilweise die größeren Stars im Handball. Wie schaust du auf diese Ligen?
Ein bisschen Neid darf man schon haben, wenn man beispielsweise nach Frankreich blickt. In Deutschland könnte man schon mal etwas genauer hinschauen, was dort im Bereich des Frauensports besser funktioniert. Klar, hierzulande ist eh immer schon Fußball der König und Handball ist in meiner Wahrnehmung auch erst seit der Heim-WM der Männer 2007 so richtig groß.
Hast du Spiele der WM 2007 als Kind gesehen?
Nein, damals habe ich noch keinen Handball gespielt.
Kennst du überhaupt noch Akteure des Teams von damals?
Pommes kenne ich, und wenn ich das richtig im Kopf habe, hat damals auch Christian Schwarzer im DHB-Team gespielt. Von ihm besitze ich übrigens eine unterschriebene Autogrammkarte, die ich mit zehn Jahren im Rahmen eines Handballturniers von ihm bekommen habe. Und die hängt immer noch in meiner Vitrine.
– Ani Bonamie
Mehr zu Laetitia gibt es auf ihrem #Faces-Profil.
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