Frauen-WM in Japan 2019
Xenias WM-Tagebuch
Seit ihrer Schulteroperation arbeitet Xenia Smits an einem Comeback. Bei der WM in Japan kann die Ausnahmehandballerin nicht persönlich dabei sein – doch die Daumen der deutschen Nationalspielerin sind fest gedrückt. Auf KempaStage erzählt sie, wie sie die Spiele verfolgt, was sie von den Spielerinnen aus Japan erfährt und was ihr sonst beim Turnier und den deutschen Mädels auffällt.
Donnerstag
12. Dezember 2019
nach Norwegen, vor Schweden
Hallo Kempa-Fans,
es sind schon wieder ein paar Tage seit meinem letzten Bericht vergangen. Dabei ist viel in den letzten Tagen passiert, vor allem gestern. Da hatte ich, wie wahrscheinlich viele andere Deutschlandfans auch, um die Mittagszeit erstmal einen Moment der Traurigkeit. Zumindest kurz. Zu wissen, dass die deutsche Mannschaft einen Platz im Olympia-Quali-Turnier klarmachen und sicher haben konnte, das leider nicht gelungen ist, hat mich ein wenig traurig gestimmt. Aber nach einer kurzen Erholungspause wurde ich ganz schnell wieder zuversichtlich, dass die Mädels morgen im Spiel um Platz 7 wieder alles geben werden, um den Platz zu bekommen und die Chance auf Olympia zu bewahren.
Ansonsten sahen meine Tage bis heute sehr gefüllt aus mit Physio-Terminen, Arztbesuchen, Trainings- und Athletikeinheiten und allem möglichen. Unter anderem war auch ein Zhnarzttermin dabei – natürlich genau jetzt, wo eh so viel los ist. Aber ich bin inzwischen immerhin schon so optimistisch, dass ich stärker wieder zurückkomme, dass ich mir schon einen neuen Zahnschutz machen lasse. Hoffentlich stehe ich als schnell wieder auf dem Spielfeld.
Sonst bin ich weiter im WM-Fieber und gespannt auf das Spiel morgen früh, auch wenn man dafür wieder sehr früh den Wecker stellen muss. Ich habe am Vormittag auch mit ein paar Spielerinnen der französischen Nationalmannschaft gesprochen, die auch der Meinung sind, dass die Deutschen ein super starkes Turnier spielen. Das ist einfach schön zu hören, dass die Leistung der deutschen Mannschaft auch von anderen so anerkannt wird.
Jetzt müssen wir alle nur die Daumen drücken für das Spiel morgen um 6:30 Uhr. Ich habe direkt im Anschluss wieder Physio. Mal sehen, ob ich wieder so durchgeschwitzt bin wie nach dem Serbien-Spiel…
Bis bald,
Eure Xenia
Montag
9. Dezember 2019
nach Serbien, vor Norwegen
Hallo Kempa-Fans,
ich melde mich gerade von meinem Weg zur Physio und bin etws spät losgefahren, weil ich nach dem Abpfiff gegen Serbien erstmal kurz duschen musste. Ich habe so mitgefiebert, dass ich komplett durchgeschwitzt war.
Das war ein verrücktes Spiel. Ich fühle sehr mit den Mädels mit. Man hat in ihren Augen gesehen, wie traurig und enttäuscht sie über die Niederlage sind. Also ich die Bilder im Livestream nach dem Spiel gesehen habe, wäre ich am liebsten direkt los und hätte alle einmal in den Arm genommen und ihnen gesagt: „Auch wenn ihr das jetzt nicht hören wollt, ihr wart super, habt klasse gespielt!“ Aber ich weiß, wie die Situation als Spielerin ist. Das interessiert dich in so einem Moment nicht, es ist unwichtig und erstmal ist alles blöd. Trotzdem war das eine tolle Leistung und es ist noch alles möglich.
Bis bald,
Eure Xenia
Sonntag
8. Dezember 2019
nach Niederlande, vor Serbien
Hallo Kempa-Fans,
es ist schon wieder ein paar Tage her, dass ich geschrieben habe. Aber vor allem jetzt, nach so einem Spiel wie gegen Holland, habe ich einfach gar keine Worte. Das war so mega stark, trotz der kleinen Schwächephasen. Die Mädels haben sich immer wieder zurückgekämpft und 120% gegeben. Alle wussten, dass sie bis an ihr Limit und darüber hinaus gehen müssen, um bei der Weltmeisterachaft bestehen zu können. Es ist jetzt einfach unglaublich und schön, dass wir wieder zwei Punkte auf unser Konto holen konnten. Das sieht immer besser aus!
Morgen geht es früh um 7:00 Uhr wieder weiter. Das ist ein straffer Plan, aber das gehört auch ein wenig dazu. Die Mannschaft sieht definitiv fit aus, alle sind begeistert und sind bei der Sache. Das freut mich, zu sehen. Auffällig war im letzten Spiel mal wieder die Leistung von Dinah Eckerle, die auf das gesamte Team ausstrahlt – über das Gelingen von Aktionen, über Tore treffen, über Tore verhindern, über alles. Das ist genau die deutsche Nationalmannschaft, die wir sehen wollten und die wir, als Team, auch zeigen und präsentieren wollten.
Jetzt bin ich gespannt, ob ich nicht vielleicht doch irgendwann mein Flugticket nach Japan buche. Denn wenn das so weitergeht, will ich doch irgendwann live dabei sein! Wer weiß…
Aber erstmal genieße ich den Sonntag mit dem Sieg. Wir haben noch ein paar Spiele vor uns und die müssen auch erstmal gewonnen werden.
Bis bald,
Eure Xenia
Donnerstag
5. Dezember 2019
nach Frankreich, vor Südkorea
Hallo Kempa-Fans,
in den letzten zwei Tagen war ich sehr viel unterwegs – beim Arzt, bei der Physio, Einkaufen, Training, in der Bahn und im Auto und alles mögliche. Trotzdem habe ich es irgendwie geschafft die letzten beiden Spiele gegen Dänemark und Frankreich live zu schauen.
Dienstag gegen Dänemark: mega Spiel. Einfach mega, mega, mega. Da gibt es nicht viel mehr zu sagen. Wie ich letztes Mal schon geschrieben habe, muss man 120% geben, um in dieser Gruppe bestehen zu können. Und das haben die Mädels bis jetzt in jedem Spiel gemacht. Das ist einfach schön zu sehen und es wird auch belohnt mit dem Einzug in die Hauptrunde.
Gegen Frankreich am Mittwoch war dann ein bisschen Pech dabei. Schade. Da war ich echt traurig, aber auch sehr stolz. Das war eine super Leistung. Frankreich war letztendlich dieses kleine Bisschen besser und so stark wie in den Spielen zuvor. Schade, dass meine Teamkolleginnen aus Metz das so gut gemacht haben… Aber Spaß beiseite, Frankreich war einfach besser. Trotzdem hat die Mannschaft die eine starke Mentalität gezeigt, hat nie aufgegeben, war immer aggressiv. Das ist typisch für das deutsche Spiel und das haben die Mädels auf die Platte gebracht. Darauf kann man auf jeden Fall aufbauen!
Ich habe mir meine Termine für das Spiel übrigens extra so gelegt, dass ich das Spiel sehen kann. Allerdings ging meine Physio am Morgen bis fünf nach elf, sodass ich mich richtig beeilen musste. Auf dem Fahrrad habe ich dann sogar schon den Livestream angemacht. Ich weiß, das ist kein gutes Vorbild (nicht nachmachen!), aber ich musste das Spiel einfach sehen. Ab der sechsten Minute habe ich dann alles mitverfolgt auf dem Rad und konnte – wenn ich dann mal nicht auf mein Handy geschaut habe – zumindest über die Kopfhörer hören wie Anna Lörper das Spiel kommentiert hat.
Heute habe ich dann noch mit Luisa Schulze in Japan telefoniert. Ihr und der Mannschaft geht es gut auf der anderen Seite der Welt und die Stimmung vor Ort ist super. Natürlich ärgern sich alle über die liegengelassenen Punkte gegen Frankreich, aber alle sind weiter positiv und wollen mit möglichst vielen Punkten in die Hauptrunde einziehen. Die nächsten gibt es dann hoffentlich gegen Südkorea. Zum Abschied habe ich noch ein kleines Gute-Nacht-Küsschen von Luisa bekommen – mitten am Nachmittag in Deutschland. Für sie ist es inzwischen ja schon mitten in der Nacht.
Bis bald,
Eure Xenia
Montag
2. Dezember 2019
nach Australien, vor Dänemark
Hallo Kempa-Fans,
vier Punkte aus den ersten zwei Spielen! So kann man in eine WM starten. Aber von vorne.
Samstagmorgen deutscher Zeit war das erste Spiel gegen Brasilien. Für mich war es schwierig um 6:45 Uhr aufzustehen an einem Samstag, an dem man eigentlich nichts erledigen muss. Aber für das Auftaktspiel bin ich dann doch sehr, sehr gerne aufgestanden – und der Sieg hat dann auch für die fehlenden Stunden Schlaf entschädigt. Letztendlich bin ich also sehr froh, dass ich meine Augen aufbekommen habe, es zum Laptop geschafft und den Livestream eingeschaltet habe.
Die Stimmung in der Halle und in der Mannschaft sah super aus. Alle Mädels waren motiviert und auch begeistert, dabei zu sein und das Spiel zu gewinnen. Neben der ganzen Freude auf dem Feld ist mir aber auch aufgefallen, dass das Team mit vollem Ernst bei der Sache war. Jeder Spielerin ist bewusst, dass diese schwere Gruppe kein Spaziergang wird und man 120% oder sogar 150% geben muss, um hier etwas zu holen. Gegen Brasilien haben die Mädels das gemacht und es freut mich, dass die Mannschaft wie bei der EM letztes Jahr gezeigt hat, dass Deutschland in der Lage ist auch schwere Gegner zu schlagen. Klar, hatten wir am Samstag einen guten Tag und Brasilien nicht die beste Form. Trotzdem ist es eine super Leistung!
Am Sonntag war die Anwurfzeit um 10 Uhr dann etwas entspannter. Gegen Australien haben die Mädels ihre Leistung bestätigt, jede hat ihre Arbeit gut gemacht. Die Abwehr stand sehr gut, nur acht Gegentore waren es nach 60 Minuten. Das ist eine unglaubliche Zahl! Das muss man auch gegen vermeintlich einfache Gegner erstmal schaffen. Abgesehen von der Taktik ist mir aufgefallen, wie viel Spaß das Team mitbringt und wie überzeugt jede einzelne Spielerin auftritt. Jede fightet für die andere, jede arbeitet für die Nebenfrau. Dazu kommen dann noch eine Menge Leidenschaft, Aggressivität und auch starke Einzelleistungen wie am Sonntag auf der Torhüterposition.
Da ist mir schon das Herz aufgegangen, wenn man das schöne Lächeln und das Jubeln der Spielerinnen sieht. So kann es einfach weitergehen. Wenn die Leistung und die Kreativität so bleiben, dann sieht es gut aus. Ich bin überzeugt, dass wir so den Schritt in die Hauptrunde schaffen können. Morgen geht es aber erstmal weiter gegen Dänemark.
Bis bald,
Eure Xenia
Freitag
29. November 2019
der Tag vor dem ersten Spiel
Hallo Kempa-Fans,
ich sitze gerade bei mir zu Hause auf dem Sofa und habe meinen Wecker gestellt. Auf 6:45 Uhr. Das mache ich nicht, weil ich gerne so früh aufstehe, sondern weil die Frauen-WM in Japan morgen früh losgeht und ich nichts verpassen möchte. Zumindest soweit es für mich möglich ist.
Wegen meiner Schulterverletzung kann ich leider nicht vor Ort sein, werde das Turnier aber über den Livestream von sportdeutschland.tv verfolgen. Ich bin super, super, super gespannt, wie die Mädels auftreten werden, wie die Stimmung ist, wie die Atmosphäre in den Hallen sein wird und wie alles über den Livestream rüberkommt. Vielleicht kann man ja sogar erkennen, ob die Mädels die Zeitumstellung gut weggesteckt haben, gut angekommen sind und ob sie sich fit und wohl fühlen. Das sind alles Sachen, die mich als Spielerin und Teamkollegin natürlich besonders interessieren und die ich bestimmt auch besser erkennen kann als manch anderer außerhalb des Teams.
Sonst bin ich einfach sehr gespannt, wie es ist, eine WM aus der Ferne zu verfolgen, nicht mit dabei zu sein und die Mannschaft genauso wie die Stimmung vom Sofa aus analysieren zu können. Ich freue mich total darauf, mit den Mädels, mit der Mannschaft mitzufiebern!
Dass ich aufgrund meiner Schulterverletzung nicht dabei sein kann, ist für mich persönlich natürlich sehr schade. Für mich steht die Reha im Moment im Vordergrund. In der WhatsApp-Gruppe der Mannschaft bin ich trotzdem immer noch und mit manchen Spielerinnen schreibe ich auch regelmäßig – auch jetzt in Japan.
Für mich ist es eine tolle Erfahrung, dass ich die WM mit Euch hier auf KempaStage analysieren kann. Ich werde Euch aus meiner Sicht berichten, wie ich die Auftritte der Mannschaft einschätze, was mir auffällt, wo ich die Spiele verfolge, wie mein Tag während einer WM in Japan aussieht.
Und jetzt freue ich mich erstmal sehr auf den Wecker um 6:45 Uhr. Ich hoffe ihr stellt euch den auch und drückt nicht zu oft auf „Schlummern“. Also, schön den Wecker stellen und Daumen drücken für die deutsche Nationalmannschaft gegen Brasilien im ersten Spiel der WM.
Bis bald,
Eure Xenia
Vom 30. November bis 15. Dezember 2019 findet die Frauen-Weltmeisterschaft in Japan statt. Die DHB-Mädels wollen die Großen ärgern und das Maximum aus sich herauskitzeln. Sie sind #Siegesjäger.
Mehr zum Turnier der Frauen und den Siegesjägern von Kempa gibt es hier.
Xenia kann zwar nicht live in Japan dabei sein, aber in Deutschland ist sie voll dabei. Im Interview vor dem Turnier spricht sie über die WhatsApp-Gruppen der Nationalmannschaft, die Chancen der deutschen Mädels und ihr Comeback nach ihrer Schulterverletzung.