Vorbereitung auf die Vorbereitung
Die Kolumne von Uwe Gensheimer
aus der Handball Inside #33
19. Juni 2020
Am Ende einer Saison schaut man immer ein wenig zurück. Mein Fazit nach der Rückkehr aus Paris zum Abschluss dieser verrückten Bundesliga-Saison lautet: Es kann eigentlich nur besser werden.
Für uns Löwen waren es wirklich sehr bewegte Monate. Der schwierigere Start, viele Verletzungsthemen und der Trainerwechsel sorgten für reichlich Turbulenzen. Davon können sicherlich auch viele andere Bundesligisten ein Lied singen. Doch dann brach die Corona-Pandemie über uns herein. Die damit verbundenen Konsequenzen legten sämtliche Sportarten auf der ganzen Welt über Nacht komplett lahm.
Wenn es um die Gesundheit geht, rückt der Sport verständlicherweise nach hinten.
Der THW Kiel ist nach dem offiziellen Abbruch dennoch verdient zum Meister erklärt worden. Warum allerdings bei den Frauen eine andere Regelung gefunden wurde, habe ich bis heute nicht verstanden.
Es wäre zwar ein trauriger Eintrag für das Guinness-Buch der Rekorde, doch ich bin mir fast sicher, dass mein Team statistisch die weltweit höchste Zahl an Corona-Infizierten innerhalb einer Mannschaft vorweisen kann. Glücklicherweise geht es inzwischen jedem Einzelnen wieder gut. Nach dem bundesweiten Lockdown kehrt langsam in jedem Bereich des öffentlichen Lebens eine gewisse Normalität zurück. Mehrere Handball-Teams schwitzen wieder in kleinen Gruppen, der offizielle Trainingsstart für die Bundesligisten könnte vielleicht schon bald bekanntgegeben werden. Die Aufgabe für uns Handballer lautet aktuell: die Zeit zu nutzen, um erholt, physisch und psychisch gestärkt in die verlängerte Vorbereitung zu starten, wenn es denn dann mal wieder weitergeht.
Schnelle Antritte und Abstoppen können im heimischen Wohnzimmer nur bedingt richtig trainiert werden.
Mit dem täglichen Trainingsprogramm zu Hause bleibt man sicherlich in Bewegung. Wir sind Profis, die ihre körperliche Fitness mit viel Selbstdisziplin auch alleine hochhalten können. Ich fahre inzwischen regelmäßig auch in die Halle, um meine Schulter zu bewegen. Allerdings verlangt unser Sport auch spezifische Übungen, wie schnelle Antritte und Abstoppen, die im heimischen Wohnzimmer nur bedingt richtig trainiert werden können, und das Mannschaftstaktische übt man bekanntlich ja auch in und mit dem Team…
Ein besonderes Training der letzten Wochen für meine Frau und mich lautete: meinen lebhaften Sohn Matti 24 Stunden zu beschäftigen. Wir waren fast täglich gemeinsam an der frischen Luft unterwegs und hatten dabei viel Spaß. Oft war es eine reine Männertour, denn meine Frau musste, wie viele andere auch, im Homeoffice arbeiten. Diese gemeinsame Zeit mit dem eigenen Kind ist und bleibt unbezahlbar. Und auch unser Kleiner kann einen großen Erfolg verzeichnen, denn in den letzten Wochen hat er sogar das Fahrradfahren gelernt.
Es wird langsam wirklich Zeit für die Bundesliga …
Ich muss allerdings auch sagen, dass ich inzwischen den größten Respekt vor allen Frauen und Männern habe, die diese aktive Kinderbetreuung nicht nur über mehrere Monate hinweg in der Corona-Krise, sondern über einen längeren Zeitraum oder sogar hauptberuflich machen.
Um die ständigen Aktivitäten, das Rumtoben, Spiel und Spaß mit den kleinen Freunden aus dem Kindergarten etwas zu kompensieren, haben wir ein Trampolin in den Garten gestellt.
Während Sandra und ich uns am späten Nachmittag erschöpft anschauen, hüpft Matti immer noch unermüdlich auf dem Gerät mit dem schelmischen Gesichtsausdruck eines Gewinners rum, als ob er sagen wollte: Liebe Eltern, auch heute habe ich euch geschafft.
Es wird langsam wirklich Zeit für die Bundesliga …