Annika Ingenpaß:
Kämpferin am Kreis
Dass Annika Ingenpaß eine Handballerin wird, wurde ihr bereits in die Wiege gelegt – an den Kreis stellte sie der eigene Papa!
Den Kampf am Kreis beherrscht die 25-Jährige inzwischen so gut, dass sie 2021 sogar für den Elitekader des DHB debütieren konnte. Bei der aktuellen Weltmeisterschaft fiebert sie mit ihren Kolleginnen Xenia & Co. von ihrem hessischen Zuhause Bad Wildungen mit. Zur HSG wechselte sie 2018 aus Metzingen, zuvor stand sie in Dortmund unter Vertrag. Dass sie schon mehrere Vereine kennengelernt hat, findet die Handballerin gut – denn sie hat aus jedem Club viele Erfahrungen und mehrere Freundschaften mitnehmen können.
Wie kamst du zum Handball?
Meine Eltern haben beide aktiv Handball gespielt, meine Brüder und ich hatten gar keine andere Möglichkeit, als diese Sportart auszuprobieren. Auch Tennis haben wir früher gespielt, doch am Ende entschieden wir uns alle für Handball.
Die Eltern haben also gewonnen?
Das kann man so sagen.
Wo spielen deine Brüder aktuell?
Henrik ist der Jüngste, er spielt bei Neuss in der 4. Liga und Niklas ist im Sommer aus Essen nach Konstanz gewechselt.
Du und Niklas seid Kreisläufer, spielt Henrik auch auf der Position?
Er ist der Einzige von uns, der im Rückraum aktiv ist.
Hast du dich als Kind gerne „geprügelt“ oder wie bist du auf die Idee gekommen, dich an den Kreis zu stellen?
Als Kind habe ich auch im Rückraum gespielt, allerdings hat mein Papa, der lange auch mein Trainer war, den richtigen Riecher gehabt. Er hat sich gedacht, „na ja, stellst du sie mal an den Kreis und schaust was dabei rauskommt“. Und das hat dann ganz gut geklappt. Auch Niklas war lange im Rückraum unterwegs, bevor er am Kreis landete. Wir sind relativ groß und wenn ich ehrlich bin, haben wir uns als Kinder tatsächlich oft geprügelt. Dabei war ich natürlich immer der Boss, als die Älteste im Bunde habe ich alles geregelt. (lacht)
Die Älteste zu sein hat nicht ausschließlich Vorteile, Handball-Eltern drücken meistens dem Küken die Daumen. Wie ist das bei euch?
Ich weiß was du meinst. Bei uns ist das allerdings ziemlich ausgeglichen. Meine Eltern versuchen alles genau gleich zu behandeln, sie kommen nach Bad Wildungen, sind oft in Neuss und fahren auch nach Konstanz. Wenn es mal mit den Reisen schwierig ist, schauen sie sich die Spiele als Livestream an. Mama und Papa sind Fans von uns allen.
„Als Kind habe ich auch im Rückraum gespielt, allerdings hat mein Papa, der lange auch mein Trainer war, den richtigen Riecher gehabt.“
Seid ihr Geschwister dann auch alle entsprechend mit Handballern und Handballerinnen liiert?
Es ist kein Aufnahme-Kriterium in die Familie, aber mein Freund ist tatsächlich Handballer und meine Brüder sind auch mit Handballerinnen zusammen. Das passt ganz gut, wir haben so immer ein Thema am Tisch – mehr Handball geht eigentlich nicht.
Es heißt, Kreisläufer kriegen im Spiel am meisten ab und die Position „tut oft weh“. Kannst du deine Liebe dazu erklären?
Wir stecken sicherlich viel ein, aber wir teilen auch aus. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich diesen Kampf am Kreis nicht liebe.
Was sind die wichtigsten Attribute für jemanden, der sich am Kreis ausprobieren möchte?
Am Kreis ist das Timing ganz wichtig, gute Kommunikation mit den Mitspielerinnen, Explosivität und Kampfgeist sollten auch nicht fehlen.
Und wer ist die beste Kreisläuferin „Ever“?
Das ist Heidi Loke! Sie ist mein Vorbild.
„Mit den Besten der Besten auf das Handballfeld zu laufen, ist das Größte für einen Sportler.“
Wie lebt es sich im „Hessischen“?
Bad Wildungen ist ein kleines, süßes Städtchen mit viel Freizeitpotential. Kassel ist nicht weit weg, meine Wohnung ist sehr schön und in zweieinhalb Stunden kann ich bei meinen Eltern sein. Das ganze Paket passt hier sehr gut.
Du hast im Laufe deiner Karriere bereits einige Vereine gut kennengelernt.
Ich bin von Dortmund nach Metzingen gegangen und teilte dort die Position mit Julia Behnke. Dadurch bekam ich nicht so viele Spielanteile, wie ich erhofft habe und ein Wechsel war vorprogrammiert. Deshalb hielt ich damals nach einem Club Ausschau, wo ich für mich optimale Bedingungen vorfinde und habe den Schritt nach Bad Wildungen gemacht. Hier bin ich seit dreieinhalb Jahren sehr zufrieden.
Wenn man in jungen Jahren schon so herumkommt, lernt man gefühlt die halbe Liga kennen. Du hast bestimmt überall in Deutschland auch Freunde.
Das stimmt, wobei das auch an der Tatsache liegt, dass Handballerinnen meistens ähnlich ticken, komplett offen und sehr unkompliziert sind. Es reicht manchmal schon ein DHB-Lehrgang um festzustellen, dass du auf der gleichen Wellenlänge bist. Mit Kathi Filter war ich einmal auf dem Zimmer und wir sind in so kurzer Zeit gute Freunde geworden, obwohl wir uns vorher gar nicht kannten. Das finde ich an unserem Sport einfach super!
In diesem Jahr hast du, nach mehreren Erfolgen im Juniorenbereich, als Perspektivspielerin im A-Kader des DHB debütiert. Wie war´s?
Für eine längere Zeit stand ich nicht wirklich im Fokus der Nationalmannschaft, so hatte ich eigentlich nicht mit einer Einladung gerechnet. Als Julia Behnke ihren Abschied angekündigt hat, war ich dennoch sehr gespannt, wer im Kader nachrücken würde. Als ich die Einladung zum Lehrgang bekam, hatte ich Gänsehaut pur, Freudentränen in den Augen und war einfach nur überwältigt. Mit den Besten der Besten auf das Handballfeld zu laufen, ist das Größte für einen Sportler.
Schaust du, als Teil des DHB-Kaders, die aktuelle Weltmeisterschaft der Frauen in Spanien mit anderen Augen an, als beispielsweise die EM 2021?
Die Spiele habe ich selbstverständlich auch früher angeschaut und logischerweise auch immer mitgefiebert. Jetzt erlebe ich eine WM natürlich noch intensiver, fast so, als ob ich dabei wäre. Ich bin auch in einigen WhatsApp-Gruppen drin, habe dadurch eine ganz andere Nähe zum Team, für dessen Leistung ich großen Respekt habe, und genau weiß, wieviel Arbeit in der Vorbereitung zu so einer WM steckt. Vor jedem Spiel bin ich nervös und drücke den Frauen ganz-ganz heftig die Daumen.
– Ani Bonamie
Mehr zu Annika gibt es auf ihrem #Faces-Profil.
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