Tomáš Babák
Windeln wickeln statt Weltmeisterschaft
16. Februar 2021
Seit vier Jahren steht Tomáš Babak in der stärksten Liga der Welt unter Vertrag. Zum BHC kam der 27-jährige Tscheche über die Schweiz. Eine Tatsache, die dem Rückraumspieler immer mal wieder den Vergleich mit dem größten Handballstar seiner Heimat, Filip Jicha, beschert. Das Löwenrudel des BHC hat sich bis zur Winterpause auf Platz 8 der Bundesliga-Tabelle vorgekämpft. Privat wurde das Jahresende auch turbulent: Zwischen den Feiertagen, einen Tag nach seinem eigenen Geburtstag, wurde Tomás zum ersten Mal Vater…
Viel Zeit für seine kleine Familie war zunächst für Tomás nicht geplant, denn er sollte mit der tschechischen Nationalmannschaft an der Weltmeisterschaft in Ägypten teilnehmen. Eigentlich. Doch es kam alles anders …
Im Januar drehte sich für Tomás dann alles um Windeln statt um den Weltpokal. WIr haben mit Tomáš Babák gesprochen
Wie bist Du zum Handball gekommen?
Für mich war das nie eine Frage, meine ganze Familie hat mit Handball zu tun. Mein Vater und mein Onkel spielten lange in der ersten tschechischen Liga. Ich hatte keine andere Wahl, als Handballer zu werden. Mein Vater war sogar mein Trainer für eine lange Zeit.
Wie oft hast Du schon den Vergleich mit Filip Jicha gehört?
Oh, das kann ich gar nicht mehr zählen. Wir sind beide aus dem gleichen Land und standen in der Schweiz, in St. Otmar, unter Vertrag, bevor wir in die Bundesliga wechselten. Viel mehr verbindet uns allerdings nicht. Obwohl diese Parallelen wahrscheinlich eher dem Zufall geschuldet sind, sind wirklich alle tschechischen Handballer Filip für seine großen Erfolge als Spieler und Trainer dankbar, denn sie haben den Stellenwert des Handballsports auch in unserer Heimat erhöht.
„Ich hatte keine andere Wahl als Handballer zu werden.“
Du hast es in die Nationalmannschaft geschafft und spielst aktuell in der stärksten Liga der Welt! Wie stolz ist dein Vater auf Dich?
Er verfolgt jedes Spiel und will auch jedes Mal im Anschluss mit mir telefonieren. Er verteilt aber nicht nur Komplimente, manchmal muss ich mir auch Kritik anhören. Früher, als er mein Trainer war, kam es auch mal vor, dass er sich einen ganzen Tag geweigert hat, mit mir zu sprechen, wenn ich es auf dem Feld verbockt habe.
Im Jahr 2017 bist du in Tschechien Handballer des Jahres geworden. Wer hat sich über diese Auszeichnung mehr gefreut: Du oder Dein Vater?
Ich würde sagen, mein Vater (lacht).
„Dass wir uns für die Weltmeisterschaft qualifizieren konnten, erfüllt uns mit Stolz.“
Du hast zudem eine Handballerin geheiratet.
Das stimmt, doch aktuell macht sie eine Babypause. Wir sind im Dezember zum ersten Mal Eltern geworden.
Herzlichen Glückwunsch! Wird euer Sohn auch Handball spielen?
Für eine Prognose ist es noch viel zu früh. Ich fürchte aber, dass er es zumindest probieren wird.
Mit der tschechischen Nationalmannschaft konntest Du Dich für die WM 2021 qualifizieren. Gefahren seid ihr dann aber doch nicht nach Ägypten.
Bevor wir Anfang Januar zur EM-Qualifikation fliegen konnten, hatten wir im Nationalteam den ersten positiven COVID-Fall. Nach der Ankunft auf den Färöer-Inseln folgten gleich acht positive Testergebnisse und dann kam eins zum anderen.
Statt nach Kairo ging es also in die Quarantäne.
Leider, ja. Dass wir uns für die Weltmeisterschaft qualifizieren konnten, erfüllt uns mit Stolz. Die Situation auf der ganzen Welt ist sehr speziell und jeder, der nach Ägypten reisen durfte, hatte im Vorfeld sicherlich auch viel Respekt vor der Situation.
„Wir wollen am Ende dieser außergewöhnlichen Saison eine einstellige Platzierung in der Bundesliga-Tabelle..“
Wärst Du gerne dabei gewesen?
Natürlich! Eine WM ist eine WM – auch ohne Zuschauer in der Halle.
Es war eine besondere WM, auch die privaten Verabredungen mit Spielern anderer Nationalitäten blieben diesmal aus. Hättest Du auf das bunte Treiben verzichten können?
An den Spieltagen bin ich schon jemand, der gerne seine Routine hat und sich konzentriert vorbereitet. An einem Matchday brauche ich keine Zerstreuung. Wie das an den freien Tagen ausgesehen hätte, weiß ich nicht. Aber grundsätzlich halte ich es auch ganz gut mit mir selbst aus (lacht).
Du sprichst aus Erfahrung, die WM 2021 wäre nicht dein erstes Großturnier gewesen.
Ich war als junger Spieler bei der Europameisterschaft in Dänemark dabei. Es muss 2014 gewesen sein und die Beschreibung, „ich war dabei“, trifft es sehr gut, denn eine große und wichtige Rolle für das Team habe ich damals nicht gespielt (lacht). Das änderte sich dann ein Jahr später, als unsere Nationalmannschaft an der WM in Katar teilnahm. Bei dem Großturnier vor sechs Jahren bekam ich mehr Verantwortung und konnte viel spielen.
Jetzt bist Du also ein „alter Hase“.
Ich gehöre im Team zu den Erfahreneren, das stimmt.
Dein Bundesliga-Team, der Bergische HC ist in der Bundesliga-Hinrunde von positiven Testergebnissen verschont geblieben.
Gott sei Dank, ja! In der Winterpause änderte sich das, als Tomás Mrkva und ich die Infektion hinter uns gebracht haben. Zum Glück hatten wir einen milden Verlauf, nach ein paar Tagen war der Corona-Spuk auch vorbei.
Aber nach Hause zu deiner Familie durftest Du nicht.
Die Quarantäne habe ich komplett abgeschieden in unserem tschechischen Wochenendhaus verbracht. Meine Familie sah ich für einige Tage nur per Face Time. Keine einfache Situation mit einem neugeborenen Kind. Danach konnte ich endlich unseren Sohn live erleben und meine Frau entlasten.
Also Windeln statt Weltpokal – hast Du auch die Weltmeisterschaft verfolgt?
Selbstverständlich, ich hatte ja genügend Zeit, um allen Mitspielern die Daumen zu drücken. Vor allem für Max Darj freute ich mich, dessen Team Schweden im Finalspiel WM-Silber gewinnen konnte.
Was ist das nächste Ziel der tschechischen Nationalmannschaft?
Wir wollen uns unbedingt für die Europameisterschaft 2022 qualifizieren.
Und was möchtest Du mit dem BHC in der aktuellen Spielzeit erreichen?
Wir wollen am Ende dieser außergewöhnlichen Saison eine einstellige Platzierung in der Bundesliga-Tabelle. Das ist das klare Ziel. Und ein Traum wäre, wenn wir das in einer vollen Halle mit unseren Fans feiern könnten.
– Ani Bonamie