Uwe Gensheimer:
Lockerer Leader
Ein Gespräch mit Uwe Gensheimer über den ersten Profivertrag, über seine ersten gesammelten Autogrammkarten und über Französisch.
Du warst schon in der Jugend ein Riesentalent. Musstest du trotzdem Bälle schleppen – oder blieb dir die Aufgabe erspart?
Das muss jeder, das gehört immer dazu. Meistens ist es sogar noch schlimmer, wenn man jung schon gut ist, weil man dann sehr früh und sehr jung in die erste Mannschaft kommt und dann umso länger der Jüngste bleibt. Dieses Schicksal hatte ich bis Patrick Groetzki mich abgelöst hat bei den Rhein-Neckar Löwen (lacht).
Wie hat sich der erste Profi-Vertrag angefühlt?
Auf der einen Seite gut, auf der anderen Seite habe ich mich unterbezahlt gefühlt (lacht). Es war für mich auch ein Stück weit eine Zwischenstation. Ich war noch kein Profi, habe schon in der Regionalliga-Mannschaft fest gespielt und dann auch schon bei der ersten Mannschaft mit ausgeholfen. Es war dann einfach der logische Schritt, dass ich einen Profivertrag unterschreibe, weil ich eigentlich schon fast ein fester Bestandteil der ersten Mannschaft war.
Kannst du dich an dein erstes Bundesligator erinnern?
Ja, ich glaube das war gegen Flensburg. Lang flach gegen Jan Holpert.
Und kannst du dich an dein schönstes Tor erinnern?
Das sind viele. Ich habe schon viele schöne Tore gemacht bislang. Ich habe da kein bestimmtes Tor im Kopf, ich kann mich aber an mein erstes Tor mit den Herren erinnern – und das war natürlich ein Dreher. Es gab damals sogar direkt einen Spielabbruch, fünf Minuten vor Schluss glaube ich.
„Ich glaube das war gegen Flensburg. Lang flach gegen Jan Holpert.“
Wird dein Sohn Matti auch ein Handballer?
Ich weiß es nicht. Er läuft zwar schon ab und zu nach den Spielen in der Halle rum und wirft dann auch schon mit dem Ball, aber ich glaube das ist auch ein Stück weit normal, weil er viel damit aufwächst, öfter bei den Spielen dabei ist und mir auch ein bisschen nacheifern will. Aber da gibt es noch viele andere Sportarten. Für mich ist schön und wichtig, dass er sich gerne bewegt und das ist schon mal der Fall. Aber da gibt’s noch so viele Jahre, in denen er sich aussuchen kann, was ihm gut gefällt oder was seine Freunde machen.
Wieso spielst du im Trikot immer mit der Nummer drei?
Das war tatsächlich schon als in angefangen habe – bei den Minis, in der E-Jugend – meine Nummer und die habe ich dann einfach nicht mehr hergegeben.
Du hinterlässt immer einen sehr gefassten und ausgesprochen netten Eindruck. Was bringt dich so richtig auf die Palme?
Falsche Schiedsrichterentscheidungen ab und zu (lacht). Ich glaube bei den Spielen bin ich nicht immer so ruhig und gefasst, da bin ich immer emotionaler und da geht es auch immer emotionaler zur Sache. Aber ansonsten habe ich glaube ich diese Ruhe und Gelassenheit ein Stück weit von meinem Vater geerbt und ihm zu verdanken.
„Es ist ja ein Mannschaftssport und da will man in erster Linie auch mit seiner Mannschaft Titel gewinnen.“
Hast du jemals mit jemandem zusammengespielt, von dem du dir als Kind eine Autogrammkarte geholt hast?
Ja, es gab mehrere Spieler, die man früher als Jugendlicher angehimmelt hat, die damals große Vorbilder waren oder in der Nationalmannschaft gespielt haben und da halt eine Generation vor mir eine wichtige Rolle hatten. Unter anderem Daniel Stephan, Markus Baur, Florian Kehrmann, Blacky Schwarzer, mit dem ich nachher noch im Verein zusammengespielt habe. Da gab es schon einige.
Von welchem Teamkollegen konntest du in deiner Karriere am meisten lernen?
Ich habe mit sehr, sehr vielen richtig guten Handballern zusammenspielen dürfen und konnte mir von vielen da natürlich einzelne Dinge, Kleinigkeiten abschauen. Ob das jetzt mit Dingen wie der Trainingsintensität und dem Aufwand für den Körper zu tun hat oder damit, was man tun muss, um immer topfit zu sein – da gibt es viele Vorbilder wie Guðjón Valur Sigurðsson, der auf meiner Position spielt, der mit knapp 40 Jahren immer noch topfit ist und auf absolutem Topniveau Handball spielt, oder andere Spieler, die die Technik oder Übersicht draufhaben. Da hatte ich das Glück, auch mit einem Ólafur Stefánsson zusammenzuspielen und von den Jungs sehr, sehr viel zu lernen. Irgendwann ist man dann an einem Punkt, da hat man selbst sehr viel drauf. Auch jetzt spiele ich ja mit absoluten Weltklassespielern hier in Paris zusammen. Da kann man sich von allen irgendwo etwas abschauen, aber ich glaube man ist schon selbst auf einem sehr hohen Niveau, wenn man in so einer Mannschaft spielt.
Wenn man den Titel „bester LA der Welt“ trägt, was motiviert einen noch?
Noch viele Titel, die ich in meiner Karriere noch nicht gewonnen habe. Es ist ja ein Mannschaftssport und da will man in erster Linie auch mit seiner Mannschaft Titel gewinnen. Ich stand oftmals schon knapp davor, aber da habe ich noch einiges nachzuholen.
„Das schönste französische Wort? Ich finde die Sprache im Allgemeinen sehr schön.“
Wie viele Wurfvarianten hast du insgesamt drauf und welche?
Keine Ahnung. Ich finde, dass man das nicht so einfach aufzählen kann, ob 15, 20 oder 50 Wurfvarianten. Es gibt für jede Situation eine andere Variante – für den eigenen Anlauf, der sich ein Stück weit verändert, für die Position des Torwarts, der anders steht. Da gibt es dann unterschiedliche Varianten, die man aus der Situation heraus dann wählt.
Bist du ein guter Kapitän?
Das ist für mich schwierig zu beantworten. Ich probiere, die Dinge, die ich sehe, anzusprechen. Wenn ich irgendwo helfen kann, probiere ich da, meine Meinung Kund zu tun, und probiere, die Interessen der Mannschaft beim Trainer, beim Management oder beim Präsidium zu vertreten. Ich probiere immer ein offenes Ohr für den Trainer zu haben und da eng zu sein. Da ist man ja auch immer etwas dazwischen. Ob ich das gut mache oder nicht, muss man natürlich die Teamkollegen oder Trainer fragen.
Zum Abschluss deiner Zeit in Paris: Welches französische Wort ist das schönste?
Das schönste französische Wort? Ich finde die Sprache im Allgemeinen sehr schön. Tut mir leid, ich habe da kein spezifisches französisches Wort. Sagen wir zum Abschluss: Au revoir.
Mehr zu Uwe gibt es auf seinem #Faces-Profil.
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