Xenia Smits
„Wo du dich wohlfühlst, wirst du schneller gesund“
27. November 2019
Ein Gespräch mit Xenia Smits über die WhatsApp-Gruppen der Nationalmannschaft, die Frauen-WM in Japan und ihr Comeback nach der Schulterverletzung.
Seit Deiner Schulteroperation im Sommer bist Du zu einer Zwangspause verdonnert. Wie machst du das Beste aus der Situation?
Meine Priorität liegt auf der Schulter, das bedeutet, dass ich täglich zur Rehabilitation und zur Physiotherapie gehe. Dennoch habe ich aktuell logischerweise mehr Zeit als sonst. Glücklicherweise kann ich mein Programm auch in der Heimat absolvieren und die Abende hier mit meiner Familie verbringen. Wenn du die Liebsten in deiner Nähe hast, verschafft es einem immer eine gute Laune.
Hat der Verein zugestimmt, dass Du die Reha weit weg von Metz startest?
Nach der Operation hatte ich eine Schiene und war in meiner Bewegung stark eingeschränkt. Zu der Zeit war ich auf die Hilfe meiner Familie sogar angewiesen. Danach folgte ein dreiwöchiger Aufenthalt in einem französischen Rehabilitationszentrum. Zwischendurch war ich allerdings immer wieder mal in Metz. Aktuell sind viele aus meinem Club in Japan bei der Weltmeisterschaft. Mein Trainer meinte, ich soll mit der Arbeit dort weitermachen, wo ich mich wohlfühle, so bin ich wieder zu dem Physiotherapeuten gegangen, wo ich die ganze Prozedur gestartet habe. Außerdem sagt man: da, wo du dich wohl fühlst, wirst du schneller gesund.
„Die WhatsApp-Gruppen zu verlassen, kam für mich nie in Frage. Momentan glühen unsere Nationalmannschaft-Chats.“
Als Teammitglied ist man automatisch in einigen WhatsApp-Gruppen der Mannschaft. Wie fühlst Du Dich, wenn Du aktuell diese Nachrichten liest?
Es ist vor allem mental extrem hart, sich auf so eine Situation einzustellen. Am Anfang habe ich sogar bewusst wenig Handball geschaut, damit mich meine Verletzung nicht runterzieht. Die besagten WhatsApp-Gruppen zu verlassen, kam für mich zwar nie in Frage, doch das Lesen der Nachrichten fiel mir schwer. Wenn die Mädels allerdings nachfragen, wie es mir geht, antworte ich selbstverständlich. Momentan glühen vor allem unsere Nationalmannschaft-Chats. Ich lese mir die Nachrichten immer mal durch, auch wenn ich nicht in dem Geschehen involviert bin. Manchmal bin ich traurig, denn ohne die Schulteroperation hätte ich auch bei der WM in Japan dabei sein können, an anderen Tagen ist so ein Chat einfach nur eine gute Motivation für ein schnelleres Comeback.
Fragt auch mal der Bundestrainer nach Deinem Wohlbefinden?
Das tut er. Ich freue mich natürlich, dass er mich trotz der langen Verletzung weiterhin auf dem Zettel hat (lacht).
Das DHB-Team ist inzwischen in Japan angekommen und muss sich in der Gruppe B zuerst gegen Brasilien am 30. November behaupten. Wirst Du die Spiele verfolgen?
Ich bin leider diesmal nur mit dem Herzen dabei. Doch was die Vorbereitung, die Taktik und die aktuelle Mannschaftsstimmung betrifft, bin ich komplett raus. Die WM ist leider auch zu weit weg, um mal kurz rüber zu fliegen. Mit einigen Mädels halte ich allerdings Kontakt und werde alles so gut es geht aus der Ferne verfolgen.
„Die Sympathie pausiert für 60 Minuten, wenn Frankreich gegen Deutschland spielt.“
Wie schätzt Du die Chancen der deutschen Nationalmannschaft ein?
Diese Einschätzung ist sehr schwierig, denn unser Team ist aktuell mit sehr jungen Spielerinnen am Start und die Gruppe ist alles andere als leicht. Wenn die Mädels es schaffen, ihr Spiel aufzuziehen, dann kann es gut ausgehen und Deutschland schafft den Einzug in die Hauptrunde. Gegen die Spitzenteams der Gruppe B wie Frankreich, Brasilien und Dänemark muss man allerdings in jeder Situation 120 Prozent geben. Manchmal hilft auch, wenn das Glück mit dir ist und der Gegner einen schlechten Tag erwischt. In dieser unangenehmen Gruppe kommt man nur mit sehr guter Leistung weiter.
Das Team der Franzosen kennst Du bestens. Gleich sechs Deiner Teamkollegen aus Metz spielen in Japan mit der Trikolore auf der Brust. Was erwartet Deutschland in dieser Begegnung?
Die Franzosen sind taktisch sehr stark. Sie werden versuchen, unser ganzes Spiel komplett auseinanderzunehmen. Da sind dann kreative Lösungen gefragt! Es wird nicht einfach.
Drückst Du auch Frankreich ein bisschen die Daumen?
Für meine Teamkollegen fiebere ich sicherlich auch ein wenig mit, denn die Freundschaft hört während der WM nicht komplett auf. Allerdings pausiert die Sympathie für 60 Minuten, wenn Frankreich gegen Deutschland spielt.
Japan ist acht Stunden vor der Zeit in Deutschland. Kann diese Zeitverschiebung eine zusätzliche Herausforderung für die Frauen werden?
Ich habe noch nie mit so einer großen Zeitverschiebung gespielt, so kann ich nicht aus Erfahrung sprechen. Das Team ist allerdings zehn Tage vor Turnierbeginn nach Japan gereist. Es war eine sehr bewusste Entscheidung, um die Spielerinnen genau auf diese Umstände vorzubereiten. Wir sind sonst nie so früh in einem Austragungsland angekommen, der DHB will so den Spielerinnen die bestmögliche Akklimatisierung ermöglichen.
Wo wirst Du die Spiele anschauen?
In Deutschland kann man die Spiele ausschließlich online verfolgen, in Frankreich wird die Weltmeisterschaft auch im TV gezeigt.
Wann sehen wir Dich auf dem Feld wieder?
Ursprünglich waren insgesamt sechs Monate geplant, was auf jeden Fall erst ein Comeback in 2020 bedeutet. Es ist allerdings noch zu früh, einen genauen Termin zu nennen. Ich hoffe, die Zeit bis dahin ist bald vorbei!
– Ani Bonamie