Lukas Stutzke
Party unter Palmen
19. April 2021
Lukas Stutzke spielt beim Bergischen Handball-Club eine fantastische Saison– und seinen letzten Geburtstag durfte er mit dem DHB-Team in Kairo feiern. Es läuft für den 23-Jährigen.
Das Interview führte Zita Newerla für Handball Inside Ausgabe #38 (erschien am 10. April 2021)
Du hast kurz vor deinem 23. Geburtstag erfahren, dass du zur Weltmeisterschaft fahren darfst. Kannst du dich noch an diesen Anruf erinnern?
Diesen Anruf werde ich nie vergessen. An dem Tag hatten wir mit den Löwen zwei Trainingseinheiten, und zwischendurch wollte ich mich für einen kurzen Mittagsschlaf hinlegen. Dann klingelte mein Telefon.
Wer war dran?
DHB-Co-Trainer Erik Wudtke hatte mich angerufen. Wir kannten uns bereits von den Junioren und aus der gemeinsamen Zeit in Dormagen, so fragte er mich nur: „Na, hast Du Bock auf eine WM?“
Was hast du geantwortet?
Zuerst war ich ziemlich baff. Aber irgendwann habe ich bestimmt Ja gesagt, denn schon eine halbe Stunde später war ich zum Team in Richtung Düsseldorf unterwegs.
„Ich war aufgeregt, neugierig und auch ein wenig besorgt“
Kannst du so schnell packen?
Ich habe ehrlich gesagt nicht viel mitnehmen müssen – ich brauchte nur ein paar Unterhosen, meine Kempa-Schuhe und einige persönliche Gegenstände. Den Rest bekam ich vom DHB. Nachdem ich im Team-Hotel angekommen war, musste ich noch auf mein Testergebnis warten, bevor ich zur Mannschaft durfte. Erst in dieser Situation habe ich so richtig realisiert, dass ich in einigen Stunden als Teil des DHB-Teams zur Weltmeisterschaft nach Ägypten fliegen darf. Ich war aufgeregt, neugierig und auch ein wenig besorgt, dass ich in der Hektik irgendetwas zu Hause vergessen haben könnte.
Hast du etwas vergessen?
Nein. Ich hatte wirklich alles dabei.
Kanntest du viele aus dem Team?
David Schmidt vom BHC war auch dabei, das war natürlich gut. Die meisten Jungs kannte ich schon aus meinem ersten Einsatz für die Nationalmannschaft, zumindest flüchtig. Nach der WM kenne ich natürlich alle.
Mit wem hast du das Zimmer geteilt?
Mit Marcel Schiller, ein richtig cooler Typ! Wir haben viel geredet und oft Playstation gespielt. Auch Marcel war zum ersten Mal bei einem Großturnier dabei und hat am Ende die meisten WM-Tore für Deutschland geworfen. Sein Erfolg hat mich sehr gefreut.
Bist du auch vom Rest des Teams herzlich aufgenommen worden?
Absolut! Es hat mich überrascht, wie offen alle Nationalspieler sind.
Durfte Silvio Heinevetter auch deine Haare schneiden?
Er hat zwar mit großer Leidenschaft den Friseurjob im Team für die Zeit in Kairo übernommen, aber ich habe ihn nicht an meine Haare gelassen.
„Die Nominierung gibt mir die Bestätigung, dass ich im Blickfeld des Bundestrainers bin“
Am 14. Januar bist du 23 Jahre alt geworden – wie war die Party?
In Deutschland herrschte Lockdown, so ist mein Geburtstag in Ägypten sogar größer als geplant ausgefallen. Ich habe mit ein paar Jungs ein Bier auf dem Zimmer getrunken und am nächsten Tag gab es für mich gleich zweimal Kuchen. Von unserem Teamguide bekam ich sogar ein Geschenk, einen Glücksbringer, in den mein Name eingraviert wurde.
Du kennst den Ablauf einer WM aus deiner Zeit mit den Junioren. Hat dich diesmal etwas überrascht?
Es ist hauptsächlich das große Interesse der Medien, was den Unterschied ausmacht. Über volle Zuschauerränge kann man dieses Mal ja nicht berichten.
Ist eine Weltmeisterschaft auch ein Erlebnis, wenn man keine Spielzeiten vor Ort bekommt?
Auf jeden Fall. Die Nominierung gibt mir die Bestätigung, dass ich im Blickfeld des Bundestrainers bin. Alfred weiß auch, dass ich bereit bin, wenn er ruft.
Zur Not wahrscheinlich auch spontan.
Das ist kein Problem. Ich lebe in Leverkusen, da sind mehrere Flughäfen in der unmittelbaren Nähe.
Lukas Stutzke – #Star2Go
„Er war mein Idol, als ich mit dem Handballspielen angefangen habe.“
Hast du immer in Leverkusen gewohnt?
Es gab keinen Grund, dort wegzuziehen. Zum Training nach Solingen brauche ich aus Leverkusen nur einige Minuten und meine Freundin wohnt quasi nebenan in Köln. Alles ist hier eng beieinander. Als ich in Dormagen gespielt habe, bin ich mit einer Fahrgemeinschaft sogar täglich gependelt.
Und wenn ein Club wie Kiel oder Veszprém anrufen würde?
Dann würde ich mein Wohnkonzept überdenken müssen – bei solchen Clubs kann man ja nur schwer Nein sagen. Allerdings bin ich der Meinung, dass ich im Moment genau bei dem richtigen Verein unter Vertrag stehe. Beim BHC kann ich mich weiterentwickeln, sportlich und zwischenmenschlich ist hier alles top!
Apropos Kiel: Hat deine Trikotnummer etwas mit Filip Jicha zu tun?
Er war mein Idol, als ich mit dem Handballspielen angefangen habe. Die Trikotnummer 39 habe ich mir wegen ihm ausgesucht.
Was ist so schön am Rheinland?
Eigentlich alles. Der Rhein, die Herzlichkeit und Offenheit der Menschen. Und ich freue mich auch jedes Jahr, wenn ich mal kurz beim Karneval mitmachen kann. Im letzten und vorletzten Jahr konnte ich sogar in Leverkusen auf dem Karnevalszug mitfahren. Karneval bedeutet auch verkleiden.
Was war dein ausgefallenstes Kostüm?
Bob der Baumeister war schon cool, aber ich bin auch schon mal als Puppe oder als Schlafmütze unterwegs gewesen. Eigentlich ist es gar nicht wichtig, was du anziehst. Alles geht, außer „normal“.
Die Karnevalssaison war 2021 genauso besonders wie die aktuelle Bundesligasaison.
Die Anzahl der Spiele mit dem BHC ist noch moderat. Da haben Kiel oder Melsungen größere Herausforderungen und Anstrengungen vor der Brust. Die BHC-Fans allerdings vermissen wir sehr. Die Atmosphäre der Heimspiele ist einfach durch nichts zu ersetzen.
„Es geht nicht mehr um Talent, es geht plötzlich um körperliche Härte.“
Auch ohne Fans in der Halle läuft die Saison für den BHC fantastisch..
Gerade stehen wir auf dem fünften Platz. In der aktuellen Saison ist es schwer, irgendeine Prognose abzugeben oder konkrete Ziele zu formulieren, aber ein einstelliger Tabellenplatz müsste es am Ende schon sein.
Deine Teamkollegen sprechen gerne vom BHC-Gefühl. Was macht das genau aus?
Wir haben einen super Trainer, der neben den Routiniers auch gerne auf junge Spieler setzt. Bereits in meiner ersten Saison 2019 bekam ich viele Spielanteile und habe das Vertrauen des Trainers gespürt. Das ist für jeden jungen Spieler enorm wichtig, um die nächsten Schritte gehen zu können. Bei uns gibt es einen guten Teamspirit, wir wollen jedes Spiel gewinnen und kämpfen mit konstant guter Abwehr bis zur letzten Sekunde.
Klingt, als wäre der BHC für einen aufstrebenden Handballer die perfekte Adresse.
Absolut. Es gibt einen großen Schritt zwischen der zweiten und der ersten Liga, genauso wie in den Nationalmannschaften im Junioren- und im Herrenbereich. Es geht nicht mehr um Talent, es geht plötzlich um körperliche Härte, aber auch um Routine, und die bekommt man, indem man spielt. Es gibt sicherlich auch Ausnahmespieler, die bereits am Anfang ihrer Karriere bei einem absoluten Spitzenverein bestehen, doch nicht jeder ist ein Juri Knorr (lacht).