Evgeni Pevnov
„Nie ist alles nur schwarzweiß!“
Evgeni Pevnov schwitzt aktuell mit seinem Team in der Vorbereitung. Die Recken haben diesmal besonders früh angefangen und damit komplett die durchwachsene vergangene Spielzeit abgehakt. Wir haben mit dem Wahl-Hannoveraner über seinen Urlaub, die Hassliebe zur Saisonvorbereitung und über die Vorfreude auf die Saison 2022/23 gesprochen.
Wie war die Sommerpause?
Evgeni: Sehr gut, vielen Dank! Ich war mit der Familie zwei Wochen auf Ibiza. Meine Frau und ich konnten uns dort ganz gut entspannen, auch wenn der Urlaub mit kleinen Kindern wenig mit Erholung zu tun hat (lacht). Du musst genauso wie im Alltag vorausplanen und lebst fast genauso wie Zuhause, nur an einem anderen Ort, mit einem Pool und mehr Sonne.
Hannover war der erste Verein aus der Bundesliga, der schon so früh mit der Vorbereitung angefangen hat. Wie erlebst du diese schweißtreibende Zeit?
Evgeni: Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Profi die Vorbereitung mag. Kein Sportler freut sich darauf. Sagen wir mal so: Ich mache es zum 13. Mal, ich weiß genau, was auf mich zukommt und ich bin damit einverstanden. Aber die Vorbereitung auf eine Bundesliga-Saison gehört nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Unser Trainer zieht das allerdings nicht in einem Stück durch, nach dem zweiwöchigen Auftakt haben wir eine Woche frei, bevor es wieder mit dem Trainingslager weitergeht.
Bleibt ihr in der Vorbereitung durchgehend in der Region Hannover?
Evgeni: Hauptsächlich sind wir hier. Was ich übrigens gerne mal machen würde, ist eine Vorbereitung mit der Familie.
Wie bitte?
Evgeni: Mein Vater hat erzählt, dass sie früher in der UDSSR mit der Mannschaft und den Familien ans Meer gefahren sind. Das hörte sich immer super an. Während die Männer trainierten, waren die Frauen mit den Kindern am Strand. Abends, nach dem Training, saßen sie alle zusammen, wie eine riesige Familie. Diese Sommerwochen waren gleichzeitig Vorbereitung, Trainingslager, Urlaub und Team-Building. Das Konzept würde ich auch gerne mal ausprobieren, an der Ostsee zum Beispiel.
„Diese Sommerwochen waren gleichzeitig Vorbereitung, Trainingslager, Urlaub und Team-Building.“
Die Spielzeit 2021/22 war für Hannover eine Saison der Extreme. Ist das jetzt schon alles abgehakt?
Evgeni: Wir hatten keinen glücklichen Start und der vielzitierte Knoten ist leider erst im letzten Drittel der Saison geplatzt.
Es gab auch viel Kritik.
Evgeni: Ja und das zurecht. Wir haben nicht gut gespielt. Die Gründe waren sehr vielschichtig, dazu gehörten die Herausforderungen durch den Trainerwechsel, wichtige Veränderungen auf Schlüssel-Positionen und in unserem Spielsystem, wie auch Verletzungssorgen und einfach nur Pech.
In Erinnerung geblieben ist die Begegnung gegen Wetzlar mit dem Ergebnis 38:16. Wie erlebt man so eine krasse Niederlage als Spieler?
Evgeni: Bei dem Spiel war ich nicht dabei, einen Tag vorher habe ich mir beim Training einen Muskelfaserriss zugezogen. Das machte die Situation natürlich nicht einfacher, denn die Spiele deiner Mannschaft vom Sofa aus zu erleben, ist immer eine bittere Erfahrung. Wenn dein Team dann auch noch so planlos wirkt, wie in diesem Spiel, bekommst du fast körperliche Schmerzen. Allerdings muss ich sagen, dass jedes Team mal so einen gebrauchten Tag erwischen kann, wo rein gar nichts funktioniert. Wenn der Wurm drin ist, kann eine Teufelsspirale entstehen und eine allgemeine Unsicherheit erzeugen. Wichtig ist, solche Spiele schnell abzuhaken. Wenn man auf die letzte Saison zurückblickt, muss man aber auch die Spiele wie gegen Mannheim oder gegen Kiel im DHB-Pokalwettbewerb erwähnen, wo wir eine gute Form gezeigt haben. Nie ist alles nur schwarzweiß.
Kann man mit Tabellenplatz 13 zufrieden sein?
Evgeni: Natürlich nicht! Wir wollten im oberen Teil des Mittelfeldes stehen und ein einstelliger Tabellenplatz war unser klares Ziel. Allerdings muss man die Tabelle ganz genau anschauen: Hätten wir drei Spiele mehr gewonnen, wären wir auf Platz 8 gelandet. Aber Ausreden nützen hier nix, jetzt müssen wir unsere Ziele für 2022/23 angehen.
„Das Quietschen meiner Kempa Schuhe auf dem Hallenboden möchte ich nur beim Training hören.“
In der vergangenen Saison musstest du zehn Wochen pausieren. Bist du jetzt fit?
Evgeni: Ja, absolut!
In Hannover beginnst du deine sechste Saison. Nie zuvor warst du einem Club so lange treu. Was ist das Besondere an dieser Stadt?
Evgeni: Hannover ist keine Stadt zum Besuchen. Du kommst hier hin und findest erstmal nicht so ein „Ultra-Highlight“. Wohnst du hier aber, hast du unfassbar viele Möglichkeiten! Hannover ist eine sehr grüne, freundliche und entspannte Stadt, wo das Leben sehr viel Spaß macht. Der beste Beweis dafür, wie wohl wir uns hier fühlen, ist die Tatsache, dass unsere zwei Söhne hier auf die Welt gekommen sind. Hannover ist unser Zuhause und die Recken sind mein Team. Ich habe hier inzwischen zweimal meinen Vertrag verlängert.
Der Club hat sechs Spieler verabschiedet und einige neue Mannschaftskollegen sind dazugekommen…
Evgeni: Die Laune in der Mannschaft ist sehr gut und jeder freut sich jetzt schon auf den Tag, an dem wir mit Handball anfangen. Wir haben eine gesunde Hierarchie und eine gute Dynamik im Team, das kann man nach wenigen Tagen schon spüren.
Gibt es jemanden von den Neuen, auf den du dich besonders freust?
Evgeni: Wir kannten uns alle schon. Mit Marian Michalczik spielte ich in der Nationalmannschaft und wir waren beim DHB Lehrgang in Japan zusammen. Und Steini ist ungefähr 30 Kilometer von meinem Elternhaus aufgewachsen. Aus diesem Grund hegen wir schon immer eine gewisse Sympathie für einander, auch als wir noch gegeneinander gespielt haben. Jetzt sind wir in einem Team, jetzt wird es bestimmt richtig lustig. Worauf wir uns allerdings in der kommenden Saison alle freuen, ist, dass der Covid-Spuk in den Arenen vorbei ist. Das Quietschen meiner Kempa Schuhe auf dem Hallenboden möchte ich nur beim Training hören (lacht). Wir freuen uns auf volle Hallen, laute, nervenaufreibende Spiele voller Adrenalin und auf viele Siege natürlich!
Ani Bonamie