Xenia Smits im Interview

Xenia Smits

Nach dem großen Triumph muss auch die Party unvergesslich werden!

24. Mai 2022

Xenia Smits hat mit der SG BBM Bietigheim Handball-Geschichte geschrieben, als sie am 15. Mai die EHF European League 2021/22 gewann. Ihre Medaille kommt auf ihre Kommode, wo sie auch die Erinnerungen an den DHB-Pokalsieg 2020/21, an den Super Cup-Sieg 2021 und ihre persönliche Auszeichnung als MVP der Finals in Viborg aufbewahrt. Und auch wenn die Saison bisher ziemlich perfekt verlief, hofft Xenia noch auf eine weitere Steigerung: Die DHB-Pokalsiegerinnen werden am letzten Spieltag der Saison ermittelt – und wenn die Frauen aus Bietigheim auch in Stuttgart Erfolg hätten, dann feiern sie sogar: „Vier von Vier“!

Herzlichen Glückwunsch zum EHF-Cup! Konntet Ihr schon ein wenig feiern?
Xenia: Da es der erste internationale Titel für ein deutsches Frauen-Team seit 30 Jahren ist, haben wir ein bisschen Gas gegeben, ja. Nach den Feierlichkeiten in der Halle und dem kurzen Aufenthalt im Teamhotel mit Abendessen und Sektempfang, sind wir spontan in die Stadt gegangen und fanden eine Bar, wo wir weiterfeiern konnten. Mitten in der Nacht, als die Bar zugemacht hat, ging die Party im Hotel weiter – zur großen Freude der anderen Gäste. Nach der Heimfahrt führte unser Weg in Bietigheim gleich wieder in eine Bar.

Markus Gaugisch hatte nichts dagegen?
Xenia: Unser Cheftrainer sagte nur, erholen könnt ihr euch auch in der Woche. Damit hatten wir auch sein Okay. Und ganz ehrlich, nach so einem großen Triumph muss nicht nur der Sieg, sondern auch die Party unvergesslich werden!

Ihr konntet die Deutsche Meisterschaft 2021/22 dann gleich mitfeiern! Die habt ihr einige Tage vorher, vorzeitig und extrem souverän geholt. Wie hast du dich nach dem entscheidenden Spiel gegen Oldenburg gefühlt?
Xenia: Wir hatten schon vorher, nach dem Spiel gegen Dortmund, sechs Punkte Vorsprung und nur noch drei Liga-Spiele vor uns. Wir wussten, dass wir zum großen Titel nur noch einen Punkt benötigen und den werden wir irgendwo bestimmt noch holen. So war die Aufregung über die Meisterschaft eine mehrtägige Vorfreude. Als wir zuhause gegen Oldenburg gewonnen haben, wurde es dann offiziell. Das war einfach mega!

Zwei von vier möglichen Titel hattet ihr somit in der Tasche.
Xenia: Der Super Cup war ein schöner Auftakt, die Meisterschaft wollten wir unbedingt, um in der nächsten Saison auch Champions League spielen zu können. Richtig toll war, dass sich die Zuschauer mit uns freuen konnten. Der Corona-Spuk und die Zeit der leeren Hallen waren endgültig vorbei, Freunde und Familie saßen wieder auf ihren Plätzen und an dem Tag fühlte sich alles einfach wunderbar an. Es ist nicht egal, ob du auf leere Stühle oder in glänzende Augen schaust, wenn du etwas gewinnst.

Du hast in Frankreich viermal die Meisterschaft gewonnen. Fühlt sich der deutsche Titel anders an?
Xenia: Absolut! In Frankreich wird die Meisterschaft in Play Offs entschieden. Du kannst also ungeschlagen, als Tabellenführer antreten und mit viel Pech oder wegen Verletzungsthemen komplett abschmieren. In Deutschland wird mit dem Titel die Leistung einer ganzen Saison ohne „Do Or Die-Spiele“ honoriert.

Es gab in Bietigheim viel „Do“ und wenig „Die“. Beim 47. Sieg in Folge gab es den nationalen Titel für euch, beim 50. den Gewinn der EHF European League. Also knallen die Korken hoffentlich weiter.
Xenia: Nach dem letzten Liga-Spiel wird uns die Meisterschale offiziell überreicht, danach wird die Party einfach fortgesetzt. Doch übertreiben will niemand von uns. Ein Wettbewerb ist noch offen, von einer absolut perfekten Saison können wir erst dann reden, wenn uns auch der DHB-Pokalsieg 2022 gelingt.

„Es ist nicht egal, ob du auf leere Stühle oder in glänzende Augen schaust, wenn du etwas gewinnst.“

Warum ist der DHB-Pokal nach der Goldsammlung der letzten Monate noch von so großer Bedeutung?
Xenia: Wenn du so lange ungeschlagen bist und fast alle Wettbewerbe gewinnen konntest, dann möchtest du zum Abschluss der Saison keine Niederlage erleben. So in den Sommer zu starten, wäre bitter.

Aber haben die anderen Teams überhaupt eine Chance gegen euch?
Xenia: Das Pokal-Wochenende hat immer seine eigenen Gesetze, auch wenn wir den Titel verteidigen wollen, wissen wir, dass in Stuttgart alles passieren kann.

Wo hast du die Medaille vom letzten Jahr aufbewahrt?
Xenia: Sie liegt auf der Kommode im Schlafzimmer. Zusammen mit den anderen Medaillen aus den letzten zwei Jahren.

Und was hast du mit den ganzen Auszeichnungen aus Metz gemacht?
Xenia: Die alten Medaillen liegen im Keller (lacht). Das hat aber nichts mit fehlender Wertschätzung zu tun. Dieses Kapitel war einfach abgeschlossen, als ich in die Bundesliga wechselte und so schön diese Erinnerungsstücke auch sind, ich muss sie dann auch nicht jeden Tag anschauen.

Metz Handball war in Frankreich Dauermeister, in europäischen Wettbewerben blieb der große Erfolg aber aus.
Xenia: Das stimmt, umso schöner sind jetzt die Erinnerungen an die Finals in Dänemark.

„Das Pokal-Wochenende hat immer seine eigenen Gesetze.“

Wie lief das Wochenende um das EHF European League ab?
Xenia: Wir sind am Freitag in Viborg angereist. Glücklicherweise hatten wir für die Vorbereitung eine ganze Woche Zeit. Über unseren Halbfinal-Gegner Herning-Ikast wussten wir, dass sie gut und gerne Sieben gegen Sechs spielen und dass sie schwer zu verteidigen sind.

Es war ein enges Spiel.
Xenia: Zwischendurch war es echt knapp. Wir wussten nicht, reicht es noch oder reicht es nicht? Allerdings war mir dann klar, dass wir mit dem Willen und dem Herz das in der Mannschaft steckt, das Ding schon holen. Das Ende des Halbfinals war dann sehr emotional.

Kann ein Handball-Krimi mit so einem knappen Ergebnis ein Team auch beflügeln? Oder ist so eine Partie einfach nur kräftezehrend?
Xenia: Beides irgendwie. Nach dem Halbfinale waren wir alle platt, am Samstagabend hing das ganze Team beim Abendessen einfach durch. Wir fühlten uns fix und fertig. Am Sonntag dann, nach der Videoanalyse und dem Mittagessen, waren wir allerdings wieder sowas von bereit!

Das Ergebnis des Finalspiels war sehr deutlich.
Xenia: Unser Trainer sagte im Vorfeld: Wir wollen Geschichte schreiben, lass uns das doch einfach machen! Und wir waren zu 100 Prozent da. Aus einer guten Abwehr heraus machten wir vorne entspannt unsere Tore, am Ende gewannen wir klar, mit 31 zu 20.

Viborg HK ist als ehemaliger Champions League-Sieger ein Club mit einer großen Handball-Tradition. Wie war die Atmosphäre in der Halle?
Xenia: Die Fans der Heimmannschaft waren lautstark, die Halle haben sie aber nicht abgerissen. Vielleicht war der Spielstand irgendwann zu eindeutig?

Wann wusstet ihr, dass das Spiel euch gehört?
Xenia: Eigentlich erst beim Abpfiff. Da wussten wir auch, dass wir gleich den Pokal in die Hände bekommen und den auch nicht mehr hergeben werden.

„Wir wussten nicht, reicht es noch oder reicht es nicht? Allerdings war mir dann klar, dass wir mit dem Willen und dem Herz das in der Mannschaft steckt, das Ding schon holen.“

Du bist als MVP zur wertvollsten Spielerin gewählt worden.
Xenia: Damit habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Wir haben so eine gute Mannschaftsleistung gezeigt, sie hätten jede von uns als MVP auszeichnen können. Es ist auf jeden Fall eine große Ehre.

Kommt dein MVP auch auf die Kommode ins Schlafzimmer?
Xenia: Natürlich!

Hast du noch Platz für weitere Medaillen?
Xenia: Unbedingt! Ich hätte auch nichts dagegen, eine größere Kommode ins Schlafzimmer zu stellen (lacht).

Ani Bonamie