Gruppenfoto von Team München bei der LGBT Euro Handball Championship

Nachgefragt

aus der Handball Inside #45

Bei David Scherz (35), Vorstand der Handballabteilung des Team München, einem schwul-lesbisch-transgender Sportverein.

Was ist das Team München genau?
David Scherz: Ein inklusiver Sportverein.

Inklusion schließt ja nicht nur die LGBTQIA*-Gemeinde, sondern auch Menschen mit Behinderung ein.
Scherz: Auch Menschen mit Behinderung sind in unserem Verein herzlich willkommen. Wir hatten schon einen tauben Teamkollegen und einen Handballer mit nur einer Hand. Er stand als Linkshänder anderen Handballern beim Fangen der Bälle um nichts nach. Wir nehmen jeden auf, der Lust auf Handball hat.

Dürfen auch heterosexuelle Menschen im Team München mitmachen?
Scherz: Selbstverständlich! Wir haben Mitspieler, die einfach keine Lust auf Männer-Klischees haben und nach einem Spiel lieber in entspannter Runde ein Bier trinken als Frauen aufzureißen, nur um damit Mannschaftskollegen zu beeindrucken. Team München ist aber auch eine Anlaufstelle für Menschen, die neu in der Stadt sind oder nach einem Outing Orientierung suchen.

Eine Handball-Selbsthilfegruppe?
Scherz: Auch das. Hier kann jeder sein, wie er will. Wir sind eine Gemeinschaft ohne Vorurteile mit Spaß am Sport. Letztes Jahr hatten wir sogar zwei französische Handballerinnen bei unserem Männerteam im Training.

Seit wann gibt es eine queere Handballabteilung in München?
Scherz: Unsere Abteilung ist 2004 im Rahmen der EuroGames, ein jährlich stattfindendes schwul-lesbisches Sportereignis, gegründet worden.

„Ich kenne das aus meiner Jugend in der ersten österreichischen Liga, da war „schwul“ noch ein Schimpfwort.“

Das Team spielt also auch international?
Scherz: Ja, und diese Tatsache ist auch ein Anreiz für jeden Spieler in der Bezirksklasse. Neben den EuroGames gibt es auch noch seit 1982 die Gay Games, die salopp auch LGBT-Olympiade genannt wird. Mein erstes internationales Turnier spielte ich 2017 in Budapest, damals waren wir acht Teams, die sich noch gegenseitig mit Spielern ausgeholfen haben. Inzwischen ist Handball viel größer. Die EuroGames 2021 fanden in Kopenhagen statt, dabei waren die Handballer mit 15 Mannschaften aus sieben Nationen die größte Abteilung des Turniers.

Wenn sich Teams hierfür nicht qualifizieren, sondern nur anmelden müssen, wie sieht es mit dem Leistungsniveau aus?
Scherz: Da gibt’s tatsächlich Unterschiede, deswegen fand in Kopenhagen ein Vorturnier statt. Nach dem Qualifikationstag standen Staffel A und B fest. Wir haben die A-Liga leider knapp verpasst, dafür gewannen wir die B-Liga und holten die Goldmedaille nach Hause.

Herzlichen Glückwunsch!
Scherz: Vielen Dank. Für die Gay Games 2026 hatte sich übrigens auch München beworben. Leider bekam Valencia am Ende den Zuschlag. Als politische Message finden diese Sportevents immer im Rahmen des weltweiten „Pride Month“ unter der Regenbogenflagge statt.

Über sieben Prozent der Europäer sollen homosexuell sein – wieso gibt es im Männerhandball nur wenige Outings?
Scherz: Ich glaube, Handball hat, wie allgemein körperbetonte Sportarten, an manchen Stellen ein Problem mit toxischer Männlichkeit. Ich kenne das aus meiner Jugend in der ersten österreichischen Liga, da war „schwul“ noch ein Schimpfwort. Sich zu outen war eine enorme Selbstüberwindung, auch für mich.

Warum ist das bei den Frauen im Handball gar kein Thema?
Scherz: Frauen sind in dem Punkt einfach weiter. Allerdings verändert sich langsam auch bei uns Männern einiges. Kürzlich hat sich der Norweger Ola Hoftun Lillelien öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt und immer mehr anerkannte Spielerpersönlichkeiten verschiedener Sportarten treten für Vielfalt und Toleranz ein, indem sie die Kapitänsbinde in Regenbogenfarben tragen.

Zita Newerla