Neue Perspektiven
Die Kolumne von Uwe Gensheimer
Aus der Handball Inside #59 5/2024
Inzwischen ist es einige Monate her, dass ich bei meinem Heimatverein, den Rhein-Neckar Löwen, die Seiten gewechselt habe. Mein erstes Fazit: Die Karriere nach der aktiven Karriere fühlt sich auch ziemlich aktiv an!
Die Arbeitstage sind definitiv länger und auch mein Kopf rattert mehr. Nicht nur mein Fokus hat sich deutlich verändert, als Sportchef muss ich stets das große Ganze im Blick haben und strategisch an der Zukunft unseres Vereins feilen. Dennoch kneife ich mich ab und zu selbst, damit ich im Löwen-Trainingskomplex nicht täglich wie gewohnt in die Kabine, sondern Richtung Büro abbiege. Die Arbeit am Schreibtisch ist aber gar nicht das, was die größte Umstellung für mich bedeutet.
Eine interessante Erfahrung ist, dass ich aktuell nach einem Spiel mental mehr kaputt bin als zu meinen aktiven Zeiten auf der Linksaußen-Position. Gleich beim ersten Heimspiel meinte Jutta Ehrmann zu mir: Na, da haben wir den neuen Karsten Günther! Über den Vergleich mit dem Leipziger Geschäftsführer, der immer besonders leidenschaftlich am Spielfeld steht, musste ich natürlich lachen.
„Eine interessante Erfahrung ist, dass ich aktuell nach einem Spiel mental mehr kaputt bin als zu meinen aktiven Zeiten auf der Linksaußen-Position.“
Ob ich während der 60 Minuten heftig gewedelt, dynamisch gefuchtelt oder wie ein Kesselflicker geflucht habe, weiß ich nicht genau. Aber dieser Zustand, hinter dem Zeitnehmertisch wie auf heißen Kohlen zu sitzen und keinen Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen zu können, ist eine extrem emotionale Angelegenheit. Du fühlst dich
wie in Trance – das habe ich so im Vorfeld nicht erwartet. Dass ich während des Spiels nicht mit der Mannschaft auf der Bank sitze, ist eine bewusste Entscheidung, die jedoch nichts mit dem Wunsch nach räumlichem Abstand zu tun hat. Es ist verständlich, dass sich alle Beteiligten erst an die neue Konstellation gewöhnen müssen, wenn ein Teamkollege in die Vereinsführung wechselt.
„Keinen Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen zu können, ist eine extrem emotionale Angelegenheit.“
Doch Autorität entsteht nicht durch Distanz, sondern durch Handeln, Entscheidungen und Kommunikation. Um einen bestmöglichen Übergang zu gewährleisten, besuche ich regelmäßig Führungskräfte-Seminare, die mir wertvolle Impulse für meine Arbeit geben. Momentan probiere ich mich zudem als TV-Experte aus. Dabei handelt es sich nicht um erste journalistische Gehversuche, sondern ich engagiere mich für ein neues Streamingportal, das einen sublizensierten Sender ohne Bezahlschranken einem breiten Publikum zugänglich machen will. Eine solche Plattform, die rund um die Uhr hochwertige Handballspiele zeigt, hätte ich mir in meiner Jugend gewünscht! Dieser Nebenjob
bereitet mir wirklich viel Freude. Kürzlich in Magdeburg erlebte ich, wie anders man empfangen wird, wenn man nicht als Bundesliga-Gegner in die Halle kommt.
Zum ersten Mal fühlte ich mich in der GETEC-Arena wirklich willkommen. Und auch ich nahm alles mit anderen Augen wahr: das Spiel, die Fankultur und die Stimmung. Es war ein wirklich toller Abend und Handball ist immer noch der beste Sport der Welt!
Zita Newerla
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