Max Darj
Die nächste Medaille für den Kempa-Schuhkarton?
25. Mai 2023
Als sich Max Darj für die Füchse entschied, hörte er auf seinen Bauch. Eine Entscheidung, die der amtierende Europameister nicht bereut hat. Er mag die Stadt, das Team und den besonderen Druck, den er vor jedem Spiel mit dem Top-Club aus Berlin spürt. Ende Mai reist der Schwede zu den EHF Finals nach Flensburg als Favorit – und als Gute-Laune-Wart.
Über die gesamte Saison hinweg haben die Füchse die Liga überrascht und führten mehrfach die Tabelle an. Wusstet ihr im Vorfeld, wie gut ihr als Mannschaft seid?
Max: Wir hatten auf jeden Fall große Ziele. Wo wir am Ende der Saison mit den Füchsen genau stehen, müssen wir allerdings noch abwarten.
Den Wechsel aus Solingen nach Berlin hast du damals als eine Bauchentscheidung bezeichnet, denn die Stadt kanntest du nicht.
Max: Ich bin nach Berlin gewechselt, weil ich in einem Team spielen wollte, mit dem man Chancen auf Titel hat. Ich will in jedem Spiel einen großen Druck spüren und das tue ich hier. Berlin ist ein Top-Club! Nur die Stadt kannte ich damals wirklich nicht, aber heute weiß ich mit Sicherheit: Es war eine gute und richtige Entscheidung.
Wie fühlst du dich privat in Deutschlands größter Stadt?
Max: Sehr gut, vielen Dank. Berlin ist eine spannende Metropole, wo man alles finden kann, was man sucht. Egal ob Gastronomie, Kultur oder Sport, hier gibt es alles. Wer sich in Berlin langweilt, ist selbst schuld.
Magst du auch die Anonymität einer Großstadt?
Max: Ich habe mir darüber eigentlich noch keine Gedanken gemacht. Ich mag kleine Städte, wo sich jeder kennt und grüßt genauso, wie die Atmosphäre einer Großstadt. Im Vorfeld hatte ich ja keine Ahnung, wie wir mit den Dimensionen hier klarkommen, aber meine Frau und ich haben uns sehr schnell eingelebt und mögen unser neues Zuhause. Mir war es wichtig, dass ich zwischen den Trainingseinheiten nicht den halben Tag im Auto verbringen muss, also wohnen wir in Pankow, im Norden von Berlin. Von hier bin ich schnell in der Halle und auch zum Füchse Town brauche ich nur 25 Minuten. Es ist alles perfekt.
„Ich will in jedem Spiel einen großen Druck spüren und das tue ich hier.“
Auch sportlich hat sich einiges verändert. Dein alter Verein, der Bergischer HC, gilt als Favoriten-Schreck. Berlin wiederum reist zu den Auswärtsfahrten meist als Favorit an.
Max: Wenn du bei einem Top-Club spielst, kannst du dich keine Sekunde entspannt nach hinten lehnen. Du kannst dich am Donnerstag auf dem Spielfeld verausgaben und am nächsten Tag beginnt die Vorbereitung auf das Spiel am Sonntag. Lange nachdenken, verpassten Chancen hinterhertrauern, oder dich ausruhen, kannst du nicht. Spiel für Spiel gibst du einfach Vollgas. Das ist natürlich nicht nur eine mentale Umstellung, sondern auch eine physische. Ich musste lernen, wie ich bei der enormen Belastung, der Spieldichte von mehreren Wettbewerben und der Vielzahl an Reisen mit meinem Körper umgehe. Aber ich bekomme eine gute Unterstützung vom Trainierteam und wusste dann relativ zeitnah, was für mich passt.
War das der Grund, dass du damals so schnell im Team angekommen bist?
Max: Ich habe mich hier nicht verändern müssen. Der Verein wusste, wen man holt und meine Spielweise und meine Persönlichkeit hat gut zu der bestehenden Mannschaft gepasst. Wie ein Puzzlestück. (Lacht) Es geht immer um das Vertrauen des Trainers, um das Vertrauen der Mannschaft und dann musst du schnell deine Rolle in dem ganzen Gefüge finden. Mir war relativ schnell klar, was hier meine Aufgabe ist.
Bekleidest du auch irgendein Amt?
Max: Du meinst, ob ich für Kaffee, Musik oder Shampoo in der Kabine zuständig bin? Zum Glück gehöre ich zu den alten Füchsen, die solche Aufgaben nicht mehr bekommen. (Lacht) Ich sehe mich aber als Gute-Laune-Wart.
„Meine Medaillen sind tatsächlich in einem Kempa-Schuhkarton verstaut.“
Berlin hat sich für die EHF Finals qualifiziert und trotz des Ausrutschers beim BHC könntet ihr immer noch Meister werden. Wenn du dir eine Trophäe aussuchen könntest, welche wäre das?
Max: Wir wollen jedes Spiel gewinnen und dann ist alles möglich. Am liebsten hätte ich natürlich beides. Wir wissen, dass wir eine gute Mannschaft sind und würden die Saison gerne mit mindestens einem Titel beenden. Bei den EHF Finals geben wir alles und im Meisterschaftsrennen gab es in den letzten Jahren ja auch die eine oder andere Überraschung bis zum Schluss.
Beim Final Four in Flensburg seid ihr Favoriten.
Max: Bei den EHF Finals müssen wir erstmal an Montpellier vorbei. Ich denke, dass die Franzosen auf jeden Fall auch zu den Favoriten gehören. Sie ringen in der eigenen Liga mit Paris um die Meisterschaft und es ist auch noch nicht so lange her, dass sie sogar die Champions League gewinnen konnten. Wir hoffen, dass viele Fans aus Berlin mitkommen, dass wir einen perfekten Tag erwischen und dann schauen wir, was dabei rauskommt.
Bist du gerne in der Rolle des Favoriten?
Max: Wenn du Favorit bist, dann hast du im Vorfeld etwas gut gemacht. Wir nehmen diese Rolle mit all ihrer Bürde gerne an. Wir haben natürlich viel Respekt vor unseren Gegnern, aber als einer der Top-Teams der Bundesliga ist man automatisch auch Titelkandidat für jeden Wettbewerb!
Wo käme die Medaille hin? Bist du Typ „Vitrine“ oder Typ „Schuhkarton“?
Max: Bisher habe ich hauptsächlich mit der schwedischen Nationalmannschaft Titel sammeln dürfen. Meine Medaillen sind tatsächlich in einem Kempa-Schuhkarton verstaut, wo in der neuen Wohnung genau, weiß ich gar nicht so richtig. Die Erinnerungen an wichtige Siege habe ich in meinem Kopf. Ich bin der Typ, der jeden Tag versucht noch besser zu sein. Und wenn wir Erfolg haben, dann müssen wir noch härter arbeiten, um noch mehr zu erreichen.
Ani Bonamie