Hampus Wanne

Aus der Quarantäne an die Weltspitze

18. Februar 2021

Nur wenige Experten haben Schweden im Vorfeld der Weltmeisterschaft zu den Titel-Favoriten gezählt. Doch das Team von Hampus Wanne kehrte mit der Silbermedaille aus Ägypten zurück. Die Männer haben Geschichte geschrieben — und Hampus schaffte es sogar ins All-Star-Team der WM. Wir haben mit Hampus Wanne gesprochen

Herzlichen Glückwunsch zum WM-Silber!
Vielen Dank. Ich hätte zwar lieber die Goldmedaille, aber so langsam kann ich mich auch über Silber freuen.

Konntest du dich direkt nach dem Finalspiel nicht über die Medaille freuen?
Wenn du ein Finale verlierst, dann brauchst du immer etwas Zeit, um zu realisieren, dass du in einem großen Turnier trotz der letzten Niederlage ziemlich weit gekommen bist. Doch mit dem Abstand vor zwei, drei Wochen bin ich mir natürlich darüber im Klaren, dass es eine sehr erfolgreiche Weltmeisterschaft war. Wir hatten im Team insgesamt zehn Debütanten und so hat im Vorfeld niemand in Schweden gedacht, dass wir überhaupt in die Nähe des WM-Finales kommen.

Wieso denkst du das?
Ich kann mich gut an die Stimmung vor der WM erinnern. Viele haben sich sogar die Frage gestellt, ob es sich lohnt, die Weltmeisterschaft im Fernsehen anzuschauen. Das wurde sogar in den Medien sehr offen diskutiert. Eigentlich war das verständlich. Unsere Gruppe war stark und das Team Schweden bestand dieses Mal gleich aus mehreren unbekannten Gesichter.

Wann hat sich die Stimmung in Schweden verändert?
Bereits nach den ersten Spielen haben wir viele positive Rückmeldungen bekommen. Wobei es anfänglich ein wenig nach dem Motto ablief: „Hey, was ist denn da los? Schweden gewinnt die Gruppe des Gastgebers.“ Für die Spiele der Hauptrunde schalteten schon viele Zuschauer den Fernseher ein und ab dem Halbfinale gab es in meiner Heimat einen regelrechten Handball-Hype.

„Das Halbfinale gegen Frankreich haben sich in Schweden zwei Millionen Menschen angeschaut. Das war natürlich mega.“

Sogar der Zuschauerrekord wurde gebrochen.
Das Halbfinale gegen Frankreich haben sich in Schweden zwei Millionen Menschen angeschaut. Das war natürlich mega.

Im Vorfeld war gar nicht so klar, ob du überhaupt mit dem Team nach Ägypten darfst.
Das stimmt. Ich kam in Quarantäne, nachdem meine Freundin positiv auf COVID19 getestet wurde.

Und wie ging es nach dem Hausarrest weiter?
Nachdem ich grünes Licht bekam, fuhr ich mit einem Mietwagen in die Nähe von Stockholm. Das hat ungefähr zehn Stunden gedauert. Dann musste ich wieder ein Test machen, denn erst als das Ergebnis feststand, konnte ich zu der Mannschaft. Danach sind wir zusammen nach Kairo geflogen.

„Das mir die gewohnte Bewegung fehlte, habe ich gleich am Anfang der Weltmeisterschaft gespürt.“

Eine kleine Pause durch die Quarantäne kann ja auch Wunder bewirken, wie man das beim Champions League-Auftritt des THW sehen konnte. Bist du auch voller Power nach Kairo gereist?
Ich finde, dass es mit der Pause nicht immer so gut funktioniert. Die Zeit, wenn du unter Quarantäne stehst, ist ja kein Urlaub. Die ersten fünf Tage sind vielleicht entspannt. Aber dann verlangt dein Körper einfach nach Training und man will längere Strecken laufen, um auf die gewohnte Belastung zu kommen. Aber das ist nicht möglich. Du bewegst dich ja in deiner Wohnung nicht so, wie du dich im normalen Profialltag bewegst und dein Power-Level sinkt automatisch.

Also warst du gar nicht so fit beim WM-Start?
Das mir die gewohnte Bewegung fehlte, habe ich gleich am Anfang der Weltmeisterschaft gespürt. Nach den ersten Spielen gegen Mazedonien und Chile war ich körperlich komplett platt. Danach ging es eigentlich. Ich kam dann immer mehr in den Wettkampf-Modus.

Du hast ja noch mehr geschafft: Du bist am Ende der Weltmeisterschaft ins All-Star-Team gewählt worden. Herzlichen Glückwunsch!
Vielen Dank. Das ist eine schöne Anerkennung. Doch über die Goldmedaille für mein Team hätte ich mich noch mehr gefreut, als über diese persönliche Auszeichnung.

„Warum das alles in kürzester Zeit so gut geklappt hat, ist fast unmöglich zu erklären. Ich habe so etwas vorher auch noch nie erlebt.“

War für euch im Vorfeld auch klar, was in diesem Team sportlich steckt?
Überhaupt nicht. Wir hatten ein komplett neues Team und hatten vor der WM nur zwei Trainingseinheiten zusammen. Das kann man nicht wirklich Vorbereitung nennen.

Was war dann der Schlüssel zu diesem großen Erfolg?
Alle die dabei waren, haben sich komplett, also vom ersten bis zum letzten Spiel, auf die Ansagen des Trainers Glenn Solberg eingelassen. Im Angriff hatte Jim das Kommando und auch das hat perfekt funktioniert. Warum das alles in kürzester Zeit so gut geklappt hat, ist fast unmöglich zu erklären. Ich habe so etwas vorher auch noch nie erlebt.

Da bist du also in Kairo mit der Medaille um den Hals in den Flieger gestiegen…
So ungefähr. Über Frankfurt bin ich nach Kopenhagen geflogen, von wo es dann nach Flensburg weiterging.

Was hast du als erstes in Flensburg gemacht?
Einen Corona-Test natürlich (lacht). Es musste sein, denn gleich am nächsten Tag waren wir Richtung Weißrussland zum Champions League-Spiel unterwegs.

Konntest du bei dieser Termin-Dichte zumindest deinen Geburtstag im Dezember feiern?
Seit ich in der Bundesliga spiele, verbringe ich meinen Geburtstag im Mannschaftsbus, in der Flens-Arena oder in einer anderen Halle. Das ist für mich ganz normal und das war diesmal nicht anders. Die Partys hole ich dann irgendwann nach meiner Karriere nach. Das wird bestimmt ein großes Fest, doch es ist auch nicht schlimm, wenn es noch ein paar Jahre hin ist.

– Ani Bonamie