Kresimir Kozina Porträt

Kresimir Kozina

Die „Hölle Süd“ brodelt!

Kresimir Kozina nimmt Kurs auf Europa! Der Kult-Kreisläufer aus der „Hölle-Süd“ hat sich mit FRISCH AUF! Göppingen den fünften Tabellenplatz in der Bundesliga erkämpft und nimmt so kommende Saison an der EHF European League teil. Ein Riesenerfolg! Wir haben mit Kreso über enge Spiele, die große Erleichterung und über seine Pläne für den Sommer gesprochen.

Herzlichen Glückwunsch! Nach dem Abpfiff des vorletzten Bundesligaspiels gegen Lemgo hast du dich auf dem Spielfeld einfach fallenlassen …
Kreso: Danke! Ich war einfach komplett leer. Ich fühlte mich, wie Trapattoni mal gesagt hat: „Flasche leer“.

… und was ging dir durch den Kopf?
Kreso: Nach so viel Druck und Stress kam plötzlich die große Erleichterung und ich war einfach am Ende. Gleichzeitig war es auch ein großer Glücksmoment. Da kam Basti Heymann mit seinem kaputten Knie angehumpelt, umarmte mich wortlos und ich habe fast angefangen zu heulen. Diese Minuten waren an Emotionalität nicht zu überbieten.

Normalerweise willst du immer gewinnen, das Spiel ging 33:33 aus.
Kreso: Das stimmt, aber bei dem Spiel war ich auch mit einem Unentschieden komplett zufrieden. Wir stehen auf Platz fünf und jetzt geht es endlich Richtung Europa. Bereits vor der Saison haben wir uns gesagt, dass wir in der Bundesliga unter die ersten Sechs kommen wollen. Es war uns allerdings auch bewusst, wie ambitioniert diese Zielsetzung ist. Wenn ich jetzt auf die Tabelle schaue und sehe, dass wir Teams wie Melsungen oder die Rhein-Neckar Löwen locker hinter uns gelassen haben, dann muss ich mich kneifen. Und die Tatsache, dass wir direkt hinter Flensburg stehen ist noch unglaublicher.

Wie ist der Abend nach dem Spiel gegen Lemgo weitergegangen?
Kreso: Unser Trainer hat nur gesagt, „Jungs, viel Spaß!“ Wir saßen lange in der Kabine und hatten im Anschluss eine interne Party in der Halle. Auch die Zuschauer waren sehr zufrieden, sie blieben noch sehr lange in der Arena und feierten. Es ist schön zu sehen, wie viel dieser Erfolg der ganzen Region bedeutet.

„Da kam Basti Heymann mit seinem kaputten Knie angehumpelt, umarmte mich wortlos und ich habe fast angefangen zu heulen.“

Du liebst das Publikum und das Publikum liebt dich. Jetzt habt ihr, nach zwei Corona-Jahren, die beste Platzierung seit 2015 erreicht. Hat der große Erfolg auch etwas mit der Wiederkehr des Publikums zu tun?
Kreso: Auf jeden Fall! Unsere Zuschauer zeigen gerne allen Gegnern, was das Wort „Heimspiel“ genau bedeutet. Nicht zufällig heißt Göppingen „Hölle Süd“ und der Name ist Programm! Wir können das Publikum animieren und unsere Fans pushen uns unglaublich, wenn wir keine Kraft mehr haben. In der Corona-Zeit hat uns diese Unterstützung sehr gefehlt.

Im Spiel gegen Lemgo warst du wahnsinnig präsent und mit sechs Toren einer der Top-Torschützen. Kann es sein, dass du eher Spiele liebst, in denen es um alles geht?
Kreso: Das ist kein Geheimnis (lacht). Ich verstecke mich nicht in brenzligen Situationen und weiß um meine Aufgabe in der Mannschaft. Ich mag die Rolle eines Führungsspielers und auch die große Verantwortung, die damit einhergeht.

Göppingen hat schon mehrfach den Europapokal gewonnen. 
Kreso: Ja, und ich war oft in der Nähe und habe den Pokal verpasst (lacht). Beim letzten Europa Cup 2017 stand ich im Finale auf der anderen Seite: im Berlin-Trikot. Das war aber nicht das erste Mal. Mit Flensburg verpasste ich um einen Punkt die Deutsche Meisterschaft und den Sieg des DHB-Pokals haben wir im Finale aus der Hand gegeben.

Es ist höchste Zeit für die Trophäe!
Kreso: Ich würde mich freuen, aber gerade bin ich erstmal über die Tatsache sehr froh, dass wir uns die Möglichkeit dafür erarbeitet haben.

„Unsere Fans pushen uns unglaublich, wenn wir keine Kraft mehr haben.“

Mit welchen Vorsätzen seid ihr dann zum letzten Bundesliga-Spiel nach Kiel gefahren?
Kreso: Wir hatten, wie unser Gegner, nichts zu gewinnen oder zu verlieren. Unser Team war komplett ausgepowert und der THW hatte sehr viele Verletzte zu beklagen. Bei allem Respekt vor dem sportlichen Wettbewerb, aber das letzte Spiel der Saison hatte daher eher den Charakter eines Freundschaftsspiels.

Wenn man ein großes Saisonziel erreicht, startet man auch glücklicher in die Sommerpause?
Kreso: Natürlich, wir starten mit so einem guten Gefühl. Da scheint sogar die Sonne etwas heller!

Was machst du im Sommer?
Kreso: Wir haben einen langen Urlaub in der Heimat geplant und ich bin einige Tage in Serbien bei dem Abschiedsspiel eines Freundes. Dann sind wir bei einer Hochzeit und uns bleibt auch viel Zeit für spontane Aktivitäten.

Du hast uns mal verraten, wieso du schon als Kind Deutsch gelernt hast.
Kreso: Meine Eltern sind vor dem Balkankrieg geflohen und wir lebten einige Jahre in Deutschland. Ich war für die Hilfe und Unterstützung immer sehr dankbar. Das ist der Grund, warum Deutschland schnell meine zweite Heimat geworden ist.

In Europa herrscht jetzt wieder Krieg. Welche Gefühle lösen die Bilder aus der Ukraine bei dir aus?
Kreso: Der Krieg ist schrecklich. Deutschland ist allerdings ein Land wo die Hilfsbereitschaft kaum Grenzen kennt. Was ich damals als Kind erfahren habe, erleben jetzt die Geflüchtete aus der Ukraine. Ich bin auch froh und stolz, dass mit der Aufnahme des ukrainischen Meisters Motor Saporoschje in die 2. Bundesliga, die HBL eine klare Haltung und Solidarität zeigt!

Ani Bonamie