Tobias Schimmelbauer:
Ein Riese auf der Außenposition
Ein Gespräch mit Tobias Schimmelbauer über seine Zeit beim TVB Stuttgart, über eine tagelange Aufstiegsparty und über seine Zukunft in Hamburg.
Wieso spielst du mit fast zwei Meter Körperlänge auf Linksaußen?
Das hat sich so entwickelt. Währen der Jugend habe ich in Wallau Massenheim hauptsächlich im Rückraum gespielt. Als mein Sprung in den Männerbereich anstand, war der Club im Rückraum bestens aufgestellt. Auf der Linksaußen-Position war allerdings noch ein Platz frei, so habe ich mich dort ausprobiert und gemerkt, dass mir das Spaß macht. Ich bin sicherlich nicht der typische Außenspieler, klein, schnell und wendig. Allerdings kann ich die Mannschaft in der Abwehr auf der Halbposition unterstützen. Das ist etwas, was viele Trainer schätzen.
Du spielst seit 2010 beim TVB. Wie bist du damals als gebürtiger Hesse mit dem schwäbischen Dialekt klargekommen?
Bevor ich nach Stuttgart zog, habe ich keine Schwaben gekannt. Schwäbisch war für mich auch komplett neu, so hatte ich anfänglich einige Startschwierigkeiten. Es hat bestimmt zwei Jahre gedauert, bis ich in Bittenfeld jeden Fan und Helfer komplett verstehen konnte.
Hast du auch ein typisches Wort oder einen Ausdruck drauf, was man im Rest der Republik nicht versteht?
Das Erste, was ich gelernt habe, war, dass ein Torwart hier die Bälle nicht hält, sondern hebt.
Sind damit die gehaltenen Bälle gemeint?
Genauso ist es.
„Das Erste, was ich gelernt habe, war, dass ein Torwart hier die Bälle nicht hält, sondern hebt.“
Du sollst zu den prägenden Persönlichkeiten des Teams gehören. Wie muss man sich verhalten, damit man solche Sätze von sich hört?
Ein Rezept dafür gibt es wahrscheinlich nicht. Man sollte sich mit dem Großteil der Mannschaftskollege verstehen, offen seine Meinung vertreten und auch immer im Nachhinein dazu stehen. Meinungsverschiedenheiten sollten allerdings nicht in einem Konflikt ausarten. Der Umgang mit dem Trainer und den Mannschaftskollegen muss jederzeit respektvoll sein.
Als das Team 2015 in die erste Liga aufgestiegen ist, warst du hautnah dabei. Wie groß war die Party?
Solche Momente bleiben selbstverständlich lange in Erinnerung: Mit dem Sieg in Hüttenberg war unser Aufstieg perfekt. Während der Rückfahrt bereitete sich gefühlt ganz Bittenfeld auf einen unvergesslichen Empfang des Teams vor. Unzählige Leute waren auf der Straße. Der Abend wurde eine einzige große Party, die allerdings zwei Tage später noch getoppt wurde, als uns nach dem Besuch im Rathaus eine riesige Parade mit Traktoren, Anhängern und vielen feiernden Fans erwartete.
Wie lange wurde gefeiert?
Im Anschluss ist unsere Mannschaft nach Mallorca geflogen. Wir sind unfallfrei in den Flieger gestiegen, doch das Ende der Aufstiegs-Party ist schwer zu definieren (lacht).
„Zwischenzeitlich dachte ich, dass ich neben Handball und Studium noch Zeit für einen Job hätte und machte ein Praktikum“
War das bisher dein größter Handball-Moment?
Emotional habe ich mit 18 Jahren etwas Vergleichbares bei der Deutschen A-Jugend Meisterschaft erlebt. So feuchtfröhlich wie unser Aufstieg war die Meisterschaftsfeier allerdings nicht.
Du bist studierter Sportwissenschaftler. Konnte man dir an der Uni etwas zum Thema Sport beibringen?
Es gab viel theoretisches Hintergrundwissen, was du als Profi in der Praxis teilweise anders erlebst. Das Wissen ist dennoch wertvoll.
Zwischendurch warst du sogar beim Hauptsponsor des Clubs beschäftigt…
Zwischenzeitlich dachte ich, dass ich neben Handball und Studium noch Zeit für einen Job hätte und machte ein Praktikum in verschiedenen Bereichen des Unternehmens. Im Anschluss arbeitete ich über zwei Jahre in einem Zweierteam in der Abteilung für Social Sponsoring.
Viele deiner Kollegen waren eingefleischte TVB-Fans. Bist du jeden Morgen abgeklatscht worden oder wie war die Zusammenarbeit?
Von den vier Stunden, die ich täglich dort war, ging es bestimmt eine Stunde um Handball.
Du sollst eine sehr entspannte Aufgabe im Team haben…
Ich gehöre zu den älteren Spielern, so muss ich auch nur 17-Mal in der Saison mein Amt walten lassen. Ich bin dafür verantwortlich, dass wir die Kabinen bei Auswärtsspielen ordentlich hinterlassen.
Was passiert bei einem Saustall?
Dann habe ich das nicht richtig kontrolliert und muss in die Mannschaftskasse zahlen. Das kam allerdings noch nie vor.
„Ich möchte auch nach meiner Karriere dem Handball erhalten bleiben.“
Am Ende der aktuellen Saison verlässt du Stuttgart. Welche Erfahrungen und Erkenntnisse nimmst du mit?
Ich nehme für mich persönlich mit, dass ich hier zum Bundesliga-Spieler gereift bin. Die schwäbische Kultur kennenzulernen ist auch eine interessante und schöne Lebenserfahrung für mich. 2010 nach Stuttgart zu kommen, war die absolut richtige Entscheidung.
Warum hast du dich für Hamburg als nächste Station entschieden?
Die Stadt hat meine Frau und mich in jeder Hinsicht überzeugt. Der HSV ist ein ambitionierter Verein und Hamburg bietet uns gute berufliche Möglichkeiten. Meine Frau hat ihr Studium abgeschlossen und will dort als Architektin durchstarten.
Du sagtest, du willst dich dort sportlich und menschlich weiterentwickeln…
Ich freue mich einfach auf diese neue Lebensphase und bin komplett offen für alles, was uns dort erwartet.
Wie bereitest du dich auf das norddeutsche Wetter vor?
Muss man das überhaupt? (lacht) Wir haben dort ein komplettes Wochenende bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen verbracht.
Dein zukünftiger Trainer, Toto Jansen hat auch auf Linksaußen gespielt – ein Vorteil?
Zumindest ist das kein Nachteil. Er freut sich darauf, dass ich in der Abwehr auf der Halbposition decken kann und er damit seine Rückraumspieler etwas entlastet.
Du wirst mit dem Traineramt für den U13 Nachwuchs auch eine zweite Aufgabe übernehmen. Ein Job ist dir wieder zu wenig?
Ich möchte auch nach meiner Karriere dem Handball erhalten bleiben. Hamburg hat eine sehr gute Jugendarbeit, und ich freue mich darauf die Rolle des Trainers zu übernehmen. Es ist auch der richtige Zeitpunkt, in den Job hinein zu schnuppern.
– Ani Bonamie
Mehr zu Tobi gibt es auf seinem #Faces-Profil.
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